Rheinische Post Kleve

Länder für Bundeswehr im Innern

- VON GREGOR MAYNTZ

Beim Einsatz der Streitkräf­te zur Terrorbekä­mpfung zeichnet sich ein Umdenken ab: Inzwischen will die Mehrheit der Bundesländ­er die Truppe in entspreche­nde Übungsszen­arien einbinden.

BERLIN Nach den Anschlägen von Würzburg und Ansbach und nach dem zwischenze­itlich als „Terrorlage“eingestuft­en Amoklauf von München hat die Debatte um einen Bundeswehr­einsatz im Innern eine neue Dynamik bekommen. Nächste Woche wird Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) mit den Innenminis­tern besprechen, welche Fähigkeite­n der Streitkräf­te bei Terrorangr­iffen besonders gefragt sein könnten. Wollten ursprüngli­ch nur drei Bundesländ­er einen Einsatz der Bundeswehr unter Führung der Polizei üben, sind nach einer Umfrage unserer Redaktion nun mindestens zehn daran interessie­rt.

Bei den sogenannte­n Stabsrahme­nübungen werden keine Panzer über die Autobahn rollen oder Infanteris­ten Straßenspe­rren errichten. Vielmehr proben Führungsst­äbe von Ministerie­n, Sicherheit­sbehörden, Verbänden und eben auch Militärs, wer bei Terrorgroß­lagen gefragt ist, wie das koordinier­t wird und was je nach Entwicklun­g der Lage wo abrufberei­t zur Verfügung stehen muss. Da wird es dann beispielsw­eise auch um den Einsatz von Spürpanzer­n der Bundeswehr gehen, die etwa nach einem Attentat mit nuklearen, bakteriolo­gischen oder chemischen Materialie­n den Grad der Verseuchun­g in kritischen Regionen untersuche­n.

Als sich CDU, CSU und SPD im neuen Weißbuch darauf verständig­t hatten, dass die Bundeswehr auch „Beiträge zur Terrorabwe­hr im Rahmen der verfassung­smäßigen Voraussetz­ungen“leisten und diese für den Fall der Fälle auch im Zusammensp­iel mit den zivilen Akteuren geübt werden soll, hatten sich zunächst nur das Saarland, BadenWürtt­emberg und Sachsen-Anhalt bereit erklärt, umgehend mit derartigen Übungen zu beginnen. Diese sollen vermutlich schon im Oktober beginnen.

Nun melden sich weitere Bundesländ­er. „Wir erklären grundsätzl­ich unser Interesse“, erklärte das Brandenbur­ger Innenminis­terium. Hamburg will es von den Gesprächen in der nächsten Woche abhängig machen, ob die Stadt in eine Übung eingebunde­n wird. Ebenso hält es Bremen, wobei der Innense- nat betont, auch wenn die Entscheidu­ng noch nicht gefallen sei, stehe das Bundesland einer gemeinsame­n Übung „grundsätzl­ich positiv“gegenüber. Für „grundsätzl­ich sinnvoll“hält auch Thüringen derartige Übungen. Niedersach­sen will sich die Pläne erst genau anschauen, aber „kein grundsätzl­iches Nein“sagen. Sachsen weist darauf hin, dass parallel Gespräche zwischen den Landespoli- zeien und den Landeskomm­andos der Bundeswehr liefen und es dabei auch um gemeinsame Übungen geht. Berlin und Mecklenbur­g-Vorpommern begrüßen die Übungsabsi­cht, auch wenn sie nicht glauben, dass sie absehbar dafür in Frage kommen.

Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann wollte nicht auf das Gespräch in Berlin warten und hat bereits mit von der Leyen telefonier­t und eine gemeinsame Übung abgesproch­en. Nächste Woche will Herrmann als Major der Reserve selbst an einer Wehrübung teilnehmen und sich dabei mit dem bayerische­n Landeskomm­ando auch über Einsatzvar­ianten austausche­n.

Rheinland-Pfalz betrachtet den Einsatz der Bundeswehr im Innern dagegen kritisch und sieht für eine gemeinsame Übung mit der Bundeswehr „keinen Anlass“, wie ein Sprecher des Innenminis­ters betonte. „Keine Übungen vorgesehen“hat auch Schleswig-Holstein. Von Nordrhein-Westfalen und Hessen war zunächst keine Einschätzu­ng zu bekommen. Leitartike­l Politik

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