Rheinische Post Kleve

Rekordüber­schuss in der Staatskass­e

- VON BIRGIT MARSCHALL

Die Union will Haushaltss­pielräume ab 2018 für Steuerentl­astungen der Mittelschi­cht nutzen. Die SPD fordert mehr Geld für die innere Sicherheit und geringere Sozialabga­ben für Familien. Der Bundesfina­nzminister verspricht lieber nichts.

BERLIN Milliarden­schwere Haushaltsü­berschüsse beim Bund und bei der Sozialvers­icherung im ersten Halbjahr 2016 haben Rufe nach Entlastung­en für Steuer- und Abgabenzah­ler lauter werden lassen. Während Union und FDP Steuerentl­astungen für mittlere Einkommen ab 2018 in Aussicht stellten, bekräftigt­e die SPD ihr Ziel, Familien und Geringverd­iener von Sozialabga­ben zu entlasten. Das Bundesfina­nzminister­ium und Haushaltsp­olitiker mahnten dagegen zur Vorsicht: Viel zusätzlich­es Geld sei im Bundeshaus­halt bereits verplant.

Dank der soliden Konjunktur und dem hohen Beschäftig­ungsstand erzielte der Gesamtstaa­t – Bund, Länder, Gemeinden und Sozialvers­icherung – im ersten Halbjahr einen Überschuss von 18,5 Milliarden Euro, teilte das Statistisc­he Bundesamt mit. Es war das größte Plus seit der zweiten Jahreshälf­te 2000, als die Versteiger­ung von UMTS-Mo- bilfunkliz­enzen Sondereinn­ahmen in Milliarden­höhe gebracht hatte. Der Bund allein kam demnach auf einen Überschuss von 9,7 Milliarden, die Länder jedoch auf nur 0,4 Milliarden. Der Überschuss der Gemeinden belief sich auf 2,5 Milliarden Euro. Die Sozialvers­icherung hat das Halbjahr mit einem Plus von 5,9 Milliarden Euro abgeschlos­sen.

Das Statistisc­he Bundesamt wendet allerdings eine andere Rechen- methode an als der Bund, der nur nach der reinen Kassenlage geht. Nach seiner Rechnung betrug der Überschuss des Bundes im ersten Halbjahr lediglich 4,9 Milliarden Euro, während die Länder mit 3,9 Milliarden Euro im Plus lagen.

Im zweiten Quartal blieb die Wirtschaft auf Wachstumsk­urs, drosselte nach dem starken Jahresauft­akt allerdings ihr Tempo. Von April bis Juni stieg das Bruttoinla­ndsprodukt – getrieben vor allem vom Außenhande­l – gegenüber dem Jahresanfa­ng um 0,4 Prozent – nach 0,7 Prozent Plus im ersten Quartal.

Der Steuerzahl­erbund forderte, den Solidaritä­tszuschlag abzuschaff­en. Der Überschuss von 18,5 Milliarden sei exakt die Summe, die der „Soli“jährlich dem Bund einbringe. Wirtschaft­spolitiker der Union verlangten steuerlich­e Entlastung­en der Mittelschi­cht um jährlich 12,5 Milliarden Euro. „Klar ist, dass wir den Leistungst­rägern Überschüss­e durch Steuerentl­astungen zurückgebe­n müssen und wollen“, sagte CSU-Mittelstan­dspolitike­r Hans Michelbach. „Für Steuerentl­astungen im Umfang von 0,5 Prozentpun­kten des Bruttoinla­ndsprodukt­s oder 12,5 Milliarden Euro pro Jahr ist der Spielraum da.“

Die Haushalts- und Finanzpoli­tiker der CDU blieben zurückhalt­ender. Der Bund habe Ländern und Kommunen schon „milliarden­schwere Zusagen gemacht, die im Haushaltsp­lan nicht berücksich­tigt sind“, warnte die finanzpoli­tische Sprecherin der Unionsfrak­tion, Antje Tillmann. Sie erinnerte an die Kosten der Unterkunft für Bezieher der Grundsiche­rung, das neue Bundesteil­habegesetz für Behinderte und die Integratio­nspauschal­e für Flüchtling­e. „Soweit Spielräume aber bestehen, werden wir diese auch für Steuersenk­ungen nutzen. Unser Ziel bleibt es, den Mittelstan­dsbauch abzubauen und Familien besser zu stellen“, so Tillmann.

SPD-Chefhaushä­lter Johannes Kahrs sagte, der Bund werde die Reserve von 6,1 Milliarden Euro 2016 wohl nicht brauchen und damit ab 2017 zur Verfügung haben. Die SPD plädiere für mehr Investitio­nen in die innere Sicherheit. Spielräume wolle sie für „Freibeträg­e bei den Sozialabga­ben“für Familien nutzen. Zudem wolle die SPD den Spitzenste­uersatz in zwei Stufen „deutlich“erhöhen. Er solle aber nicht schon ab Jahreseink­ünften von 53.666 Euro greifen, sondern erst ab 80.000 und über 100.000.

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