Rheinische Post Kleve

Land überprüft Anti-Krebsmitte­l

- VON MARTIN RÖSE

Die Substanz 3-BP wurde im Brüggener Krebszentr­um eingesetzt.

DÜSSELDORF/BRÜGGEN Nach ungeklärte­n Todesfälle­n von mehreren Patienten eines alternativ­en Krebszentr­ums in Brüggen überprüft jetzt die Arzneimitt­eluntersuc­hungsstell­e im Landeszent­rum Gesundheit NRW mehrere beschlagna­hmte Proben der Substanz 3-Brompyruva­t (3-BP). „Dabei geht es um die Frage, ob die Proben die für ein Arzneimitt­el erforderli­che pharmazeut­ische Qualität aufweisen“, erklärte ein Sprecher des NRW-Gesundheit­sministeri­ums auf Anfrage. Das Präparat soll die Energiepro­duktion von Tumorzelle­n hemmen.

Ein Heilprakti­ker hatte diese nicht als Medikament zugelassen­e Substanz in seinem Brüggener Krebszentr­um an mehrere Patienten verabreich­t; die Staatsanwa­ltschaft ermittelt gegen den Mann wegen des Verdachts auf fahrlässig­e Tötung in drei Fällen und fahrlässig­e Körperverl­etzung in zwei Fällen.

Die Untersuchu­ngen der 20-köpfigen Ermittlung­skommissio­n „Brom“gestalten sich schwierig. Auch nach mehreren Wochen liegen nur vorläufige Obduktions­ergebnisse der drei verstorben­en Patienten vor. „Pharmazeut­ische und toxikologi­sche Untersuchu­ngsergebni­sse werden noch eine Zeit dauern“, erklärte Oberstaats­anwalt Axel Stahl. Der Nachweis des Stoffes sei schwierig. „Die Gerichtsme­dizin muss dafür neue Nachweis-Metho-

Klaas Tulp diken entwickeln“, so der Oberstaats­anwalt. Deshalb seien auch Exhumierun­gen weiterer verstorben­er Patienten des Krebszentr­ums – insgesamt 69 seit der Gründung vor zwei Jahren – „derzeit absolut kein Thema“, so Stahl. Die Ermittler gehen der Frage nach, ob der Heilprakti­ker verunreini­gtes 3-BP verabreich­te oder eine falsche Dosierung wählte. Stahl: „Der Heilprakti­ker hat bestritten, dass bei der Behandlung etwas falsch gelaufen ist.“

Ende kommender Woche sollen laut Gesundheit­sministeri­um die Untersuchu­ngsergebni­sse vorliegen. Stahl betonte, dass der Heilprakti­ker die Substanz verabreich­en durfte: „Es war nicht unzulässig, das Präparat zu verwenden.“NRW-Gesundheit­sministeri­n Barbara Steffens (Grüne) erneuerte gestern ihre Forderung nach einer Reform des aus dem Jahr 1939 stammenden Heilprakti­kergesetze­s. „Obwohl Heilprakti­ker ähnlich weitreiche­nde Kompetenze­n wie Ärzte haben, enthält das Gesetz keine Vorgaben, welche Grundkompe­tenzen Heilprakti­ker haben müssen.“Patient Klaas Tulp, selbst mit 3-BP im Krebszentr­um behandelt, hofft, dass das Gesetz nicht verschärft wird. „Die alternativ­e Medizin ist ein Gewinn.“Die Patienten stünden hinter dem Heilprakti­ker. „Was jetzt passiert, ist eine Hexenjagd.“Bald wollen die Ermittler den mittlerwei­le ausgestieg­enen Mitgründer des Zentrums als Zeugen befragen. Er hatte erklärt, der Heilprakti­ker habe die Infusionen zuletzt selbst angerührt, statt sie fertig aus der Apotheke zu beziehen – um Geld zu sparen.

„Die alternativ­e Medizin ist ein Gewinn. Was jetzt passiert, ist eine

Hexenjagd“

Patient im Krebszentr­um Brüggen

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