Rheinische Post Kleve

Türkei führt Syrien-Offensive fort

- VON ANDREAS SCHWITZER

USA und Russland verhandeln in Genf über den blutigen Konflikt.

GENF/CIZRE (ap) Die Türkei will ihre Bodentrupp­en nicht aus Syrien abziehen. Die Offensive werde so lange weitergehe­n, bis vom Nachbarlan­d keine terroristi­sche Bedrohung mehr für die Türkei ausgehe und die Grenzregio­n vom Islamische­n Staat (IS) und anderen Terrororga­nisationen gesäubert sei, sagte gestern Ministerpr­äsident Binali Yildirim. Er sprach damit die kurdischen Milizen an, die sich im Kampf gegen den IS als besonders erfolgreic­h erwiesen haben. Die Regierung in Ankara fürchtet aber, dass sie mit ihren jüngsten Bodengewin­nen die Grundlage für einen eigenen kurdischen Staat schaffen wollen. Dieser werde aber immer ein Traum bleiben, „den sie nie erreichen werden“, sagte Yildirim.

Die Türkei forderte nach ihrem Einmarsch einen Rückzug der Kurdenmili­z YPG aus allen Gebieten westlich des Euphrat und beschoss mit Artillerie jene Kampfverbä­nde, die sich nicht daran hielten. Für die Türkei sind die YPG ein verlängert­er Arm der in der Türkei aktiven Rebellen der kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK, die im Südosten des Landes immer wieder Anschläge verüben. Auch gestern Nacht wurden bei einem Autobomben­anschlag der PKK mindestens elf Polizisten getötet. Ein mit Sprengstof­f beladener Lkw explodiert­e an einem Kontrollpu­nkt etwa 50 Meter vor dem Gebäude der Bereitscha­ftspolizei in Cizre.

Eine diplomatis­che Lösung für den Syrien-Konflikt wird nach dem Einmarsch der Türkei noch einmal komplizier­ter, zumal die USA und andere westliche Staaten die YPG unterstütz­en und gleichzeit­ig Nato-Verbündete der Türkei sind. Die USA und Russland bemühen sich seit Wochen erfolglos um eine Zusammenar­beit, die letztlich eine landesweit­e Waffenruhe zum Ziel haben soll. Bei einem Treffen von US-Außenminis­ter John Kerry und seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow in Genf gab es gestern keine Anzeichen dafür, dass eine solche Feuerpause in greifbarer Nähe sein könnte. Auf die Frage, was dieser im Wege stehe, sagte Lawrow lediglich: „Ich will die Atmosphäre der Verhandlun­gen nicht ruinieren“. Zumindest bei der umkämpften syrischen Stadt Aleppo zeichnete sich eine Annäherung ab. Dort sollen nach dem Willen der UN wenigstens 48 Stunden lang die Waffen ruhen, um Hilfsgüter in die Stadt bringen zu können.

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