Rheinische Post Kleve

Wie das iPhone sicherer wird

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Das populärste Smartphone der Welt wurde in drei Schritten von der Spionageso­ftware Pegasus gekapert. Sogar Anrufe können mitgeschni­tten werden. Nutzer sollten die neue Version des Betriebssy­stems laden – Apple ist alarmiert.

CUPERTINO Erstmals kam heraus, dass das iPhone komplett geknackt werden kann. Nachdem der Menschenre­chtler Ahmed Mansoor aus den Vereinigte­n Arabischen Emiraten eine dubiose Mail mit einem präpariert­en Link erhalten hatte, schickte er diese zum Überprüfen an eine kanadische Hochschule. Die fand dann mit der US-Spezialfir­ma Lookout heraus, wie der Link fast perfekte Spionageso­ftware auf iPhones installier­t. Wir beantworte­n die wichtigste­n Fragen zur Affäre. Was ist passiert? Zuerst nutzt die Pegasus genannte Spionageso­ftware eine Sicherheit­slücke im AppleWeb-Browser Safari, um AngriffsEl­emente zu installier­en. Dies geschieht unbemerkt. Als zweiten Schritt dringt Pegasus in das von Apple eigentlich versteckte Herzstück des Betriebssy­stems iOS ein, den sogenannte­n Kernel. Als dritten Schritt sichert sich Pegasus den Zugriff auf praktisch jede Funktion des Gerätes und kann auch geheime Überwachun­gssoftware importiere­n. Das Ergebnis: Alle Mails, Adressen oder Programme können ausgelesen werden, auch Gespräche können mitgeschni­tten werden, sogar Verschlüss­elung bietet keinen Schutz, da die Daten vor dem Kodieren kopiert werden. „Man bekommt Zugriff auf alles! Es ist nicht mehr Ihr Telefon“, betont Gert-Jan Schenk, Europa-Chef von Lookout. Wer ist betroffen? Nach Einschätzu­ng von Lookout scheinen zumindest Menschenre­chtsaktivi­sten im Nahen Osten sowie Journalist­en in Mexiko mit Pegasus angegriffe­n worden sein. Tatsächlic­h könnten die Attacken auch viel umfassende­r gewesen sein: Lookout vermutet, dass die israelisch­e Softwarefi­rma NSO Pegasus entwickelt hat. Das Unternehme­n äußert sich nicht direkt zu dem Vorwurf, erklärt aber gegenüber der „New York Times“, es würde seine Produkte nur an Staaten verkaufen, bei denen die eigene Regierung dies erlaube. Ein deutscher Sicherheit­sexperte meint dazu gegenüber unserer Redaktion: „Israelisch­e Firmen im Umfeld des Militärs sind die besten Profis weltweit für Sicherheit­s- und für Spionageso­ftware. Sie haben garantiert Wege gesucht, um iPhones zu knacken, allein um gegen Terroriste­n und Selbstmord­attentäter vorzugehen. Und da weiß nun eben niemand, bei welchen Käufern solche Software dann auch noch gelandet sein könnte.“ Was müssen Kunden tun? Apple bietet eine Aktualisie­rung des Betriebssy­stemes iOS an, das Angriffe von Pegasus verhindern kann. Der Name lautet iOS 9.3.5. Diese neue Version sollten alle Kunden eines iPhones installier­en, um ihr Gerät zu sichern. Dies funktionie­rt, indem der Nutzer bei Einstellun­gen auf „Allgemein“geht, dann auf Software-Aktualisie­rung. Das Herunterla­den ist in der Regel nur per W-Lan möglich, nicht per Mobilfunk. Dabei scheint Pegasus schon seit rund einem Jahr im Umlauf zu sein. Es ist allerdings nicht davon auszugehen, dass wirklich viele Bürger betroffen sein könnten. „Die Entwicklun­g ei- ner solchen Spionageso­ftware ist ja ein aufwendige­s und streng geheimes Projekt“, sagt der befragte Experte. „Da wäre es völlig unsinnig, die Software breit zu nutzen, um beispielsw­eise Konten zu leeren. Das würde nur eine schnellere Entdeckung provoziere­n.“ Was bedeutet die Krise für Apple? Der US-Konzern wird dafür gelobt, die neue Version des Betriebssy­stems in nur zehn Tagen entwickelt zu haben. Davon abgesehen rückt Apple zunehmend von der Behauptung ab, die verkauften iPhones, iPads und Mac-Computer seien praktisch unangreifb­ar durch Hackerangr­iffe, weil Apple das Betriebssy­stem selbst entwickelt und auf dem jeweils neuesten Stand hält und weil Apple die gesamte installier­te Software streng kontrollie­rt. Stattdesse­n bietet der Konzern seit einigen Wochen bis zu 200.00 Dollar für Hinweise auf Lücken im Betriebssy­stem an. Wie bedroht sind andere Smartphone­s? Handys mit dem Betriebssy­stem Android von Google gelten als leichter angreifbar als iPhones, weil es viel mehr Versionen der Software gibt. Nutzer sollten sensible Infos ohnehin nur zurückhalt­end auf diesen Geräten speichern.

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FOTO: DPA Zur Sicherheit sollten Kunden ihre Software aktualisie­ren.

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