PETER STÖGER „Bis 2020 im Europapokal wäre cool“
Mit dem 1. FC Köln will der Trainer auf Sicht ins internationale Geschäft. Der 50-Jährige setzt dabei auf kölschen Teamgeist.
KÖLN Seit drei Jahren ist Peter Stöger Trainer beim 1. FC Köln. Dem Aufstieg in die Bundesliga folgten Platz zwölf und neun. Skandalgeschichten rund um den Klub gibt es nicht mehr. Es ist Ruhe eingekehrt. Der 50-Jährige strahlt sie aus. Heute starten die Kölner gegen Darmstadt in die Saison. Herr Stöger, wie schwer wird diese Spielzeit im Vergleich mit den beiden vorherigen? STÖGER Es gibt keine einfache Bundesliga-Saison, weil die Liga so stark und ausgeglichen ist. Vielleicht wird es mal eine ruhigere Saison geben, wenn es ein paar Spiele am Stück gut läuft. Aber es kann jederzeit sein, dass es richtig eng wird. In dieser Liga ist alles möglich. Macht es das kölsche Anspruchsdenken schwieriger? STÖGER Das ist schon okay. Das Anspruchsdenken kann immer hoch sein. Normalerweise sollte es nicht schwieriger werden, weil wir gute Neue geholt haben und die Spieler jetzt ein Jahr mehr Bundesliga-Erfahrung mitbringen. Wir sollten etwas routinierter auftreten können. Wie haben Sie in den drei Jahren gelernt, mit diesem Anspruchsdenken in der Stadt zu leben? STÖGER Man gewöhnt sich daran. Können Sie mit den Fragen nach dem Europapokal leben? STÖGER Ich verstehe die Fragen zu 100 Prozent und auch den Wunsch dahinter. Nicht nur bei Fans, auch bei Journalisten. Ich versuche mittlerweile gar nicht mehr gegenzulenken, sondern bin entspannt. Ich versuche nur, unsere Sichtweise zu erklären: Wenn alles wunderbar funktioniert, gibt es Ausreißer wie Mainz oder Augsburg, die international spielen können. Und dann versuche ich, in einem zweiten Satz einfließen zu lassen, dass es auch richtig gute Mannschaften gibt, die es zuletzt nicht geschafft haben, in der Liga zu bleiben. Kommen Sie mit dieser Sachlichkeit gegen die Emotionalität der Fans an? STÖGER In weiten Teilen der Anhänger erkenne ich die gleiche Sicht wie bei uns: Zufriedenheit mit der Entwicklung, aber träumen von etwas Außergewöhnlichem. Bei uns ist es nicht verboten zu träumen. Aber wenn sechs, sieben Teams Außergewöhnliches leisten, wirst du es nicht erreichen. Worauf wird es in dieser Saison ankommen? STÖGER Für uns wird immer entscheidend sein, wie die Mannschaft funktioniert, wie der Teamgeist ist. Das war schon in den vergangenen Jahren unser großes Plus. Vor allem wenn es schwierigere Phasen gab, hat sich die Mannschaft nicht aus der Ruhe bringen lassen und ist noch enger zusammengerückt. Was kann man als Trainer dazu beitragen, diesen Teamgeist im Laufe einer Saison zu verbessern? STÖGER Je mehr Spieler zum Einsatz kommen, desto mehr Spieler sind zufrieden. Aber deswegen werden wir nicht permanent durchtauschen. Das Wichtigste ist die Gruppe. Und die funktioniert sehr gut. Sie verbringt mehr Zeit miteinander als es wohl sonst in der Liga üblich ist. Ist das Zufall oder kann man so etwas mit der Kaderplanung steuern? STÖGER Oberste Priorität hat die sportliche Qualität. Dann ist der wirtschaftliche Faktor immer ein Thema. Aber Jörg Schmadtke (Geschäftsführer; Anm. d. Red.) und ich treffen uns mit den Spielern und versuchen, ihre Ideen und Gedanken aufzunehmen. Wir sagen, wie wir ticken, wie wir arbeiten. Der Rest entsteht in der Mannschaft. Besteht also keine Gefahr, dass Spieler abheben könnten? STÖGER Wenn sich einer wichtiger nehmen würde, als er möglicherweise ist, würde er sich in dieser Mannschaft nicht wohlfühlen. Er würde also zur Räson gerufen? STÖGER Nein. Er würde gar nicht reinpassen. Jeder hat mal Phasen, in denen er mehr gehypt wird, weil er gut spielt. Das akzeptiert auch jeder. Aber wenn einer von der Grundeinstellung ab der Norm ist, überheblich wirkt, dann bin ich mir sicher, dass er schnell merken würde, dass er bei uns nicht in die Gemeinschaft reinpasst. Wie hoch bewerten Sie, dass Jonas Hector seinen Vertrag verlängert hat? STÖGER Das zeigt, dass er sich beim 1. FC Köln, mit diesen Spielern so wohl fühlt, dass er bleiben möchte. STÖGER Natürlich haben wir darüber gesprochen, wie wir mit kleinen Schritten den internationalen Plätzen näher kommen können. Wir wollen nicht bis 2020 jedes Jahr Zehnter werden. Man muss aber schauen, was machbar ist. Wir alle dürfen träumen. Wenn es 2020 wäre und wir hätten uns für den Europapokal qualifiziert: Ja, cool! Dann könnte ich gehen, dann wäre ich zufrieden. Dann würden die Fans Sie aber nicht gehen lassen. STÖGER Wahrscheinlich sagen sie dann: „Er hat’s geschafft, jetzt kann der alte Sack nach Hause gehen.“ PATRICK SCHERER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.