Rheinische Post Kleve

20.000 Holländer wollen Verstappen in Spa unterstütz­en

- VON ECKHARD CZEKALLA

SPA-FRANCORCHA­MPS Die Tribünen der Rennstreck­e in den Ardennen sind so gut wie ausverkauf­t. Das hat es lange nicht mehr gegeben. Unter den rund 75.000 Besuchern, die morgen beim Großen Preis von Belgien in Spa-Francorcha­mps (14 Uhr/RTL) erwartet werden, sind rund 20.000 Niederländ­er. „Zum ersten Mal nach Michael Schumacher erleben wir, dass ein Fahrer eine ganze Nation für die Formel 1 begeistern kann“, sagte der frühere Schweizer Formel-1-Fahrer und heutige TV-Experte Marc Surer.

Zu den Fans von Max Verstappen, der die Euphorie auslöste und gestern im Training die schnellste Runde drehte, gehört Nardje van den Berg. „Seit wir nicht mehr Fußball spielen können, bin ich ein RacingFan“, sagte er mit Blick auf die schwächeln­de Nationalma­nnschaft. Camping-Kollege Eric Aarts ergänzte: „Max ist der Johan Cruyff des Automobils­ports.“Verstappen auf einer Stufe mit dem zum Weltstar gewordenen genialen Fußballer Cruyff, der im März 68-jährig an Krebs starb – große Vorschussl­orbeeren für einen, der am 30. September erst seinen 19. Geburtstag feiert.

Doch der junge Verstappen, der bereits mit vier Jahren im Kart saß, hat schon einiges geliefert. 17 Jahre und 180 Tage war Max alt, als er im März 2015 sein Debüt in der Königsklas­se in einem Toro Rosso gab. Zwei Wochen später holte er die ersten WM-Punkte. So jung wie der Niederländ­er, dessen Verpflicht­ung

Horst Hrubesch ist in Rente. Ab heute gehört das Feld wieder den System-Analysten, den hochgebild­eten FußballWis­senschaftl­ern, ihren „Philosophi­en“und ihren Vorträgen. Ab heute werden die Spieler wieder das Wunder einer reibungslo­sen Integratio­n unterstrei­chen, indem sie nach den ersten vier Ballberühr­ungen für den neuen Klub bereits zärtlich dessen Wappen in Herznähe liebkosen. Der perfekt inszeniert­e Zirkus ist wieder in der Stadt. Die Bundesliga beginnt.

Eigentlich hat sie ja gar nicht aufgehört. Denn sie erfreut Jahr für Jahr mit steigender Tendenz in der sogenannte­n Sommerpaus­e mit Gerüchten, Tatsachen und gigantisch­en Geldschieb­ereien auf dem auch viel Kritik entfachte, war noch keiner – und diese Rekorde wird er behalten. Nun muss man mindestens 18 Jahre sein, um die Superlizen­z zu bekommen.

In diesem Jahr legte er nach. Nachdem er vor dem fünften Saisonrenn­en zum großen Bruder Red Bull versetzt worden war, sorgte er gleich für Schlagzeil­en. In Barcelona, als sich kurz nach dem Start die Mercedes-Fahrer Nico Rosberg und Lewis Hamilton abgeschoss­en hatten, packte er entschloss­en zu und gewann sein erstes Rennen – natürlich als Jüngster in der Formel-1-Geschichte. „Er ist noch in der Lernphase“, nahm ihn sein Teamchef Chris Horner nach dem nächsten Rennen in Schutz. Da hatte Verstappen in Monte Carlo gleich drei Unfälle gebaut. An seinen Fähigkeite­n bestehen aber längst keine Zweifel mehr. Nach zwölf der 21 Rennen ist er Sechster (115), gerade mal fünf Punkte hinter Sebastian Vettel. Sein Teamrivale Daniel Ricciardo (133 Zähler) gibt zu, dass ihn der Neue herausford­ert und ihm zeigt, dass er noch nicht sein Limit erreicht hat.

„Ich wusste ja von Anfang an, dass ich Rennfahrer werden will“, sagte Verstappen junior. Die Schule interessie­rte ihn nicht so richtig. „Ich habe höchstens irgendwelc­he Rennstreck­en in meine Schulhefte gemalt“, erinnerte er sich. Vater Jos, der 107 Formel-1-Rennen bestritt, war ein unerbittli­cher Wegbereite­r der Karriere seines Sohnes, in die er angeblich eine siebenstel­lige Summe investiert­e. Es zahlt sich aus. Irritation­en, welche Nationalit­ät der neue Hoffnungst­räger der Formel 1 Transferma­rkt. Der bekannte Ernährungs­fachmann Thomas Tuchel, vielen auch als Trainer von Borussia Dortmund unter dem treffenden Spitznamen der dünne Mann bekannt, hat den Markt „verrückt“genannt, „die Preise sind außer Kontrolle“. Er weiß das ziemlich genau, denn sein eigener Klub hat in der Pause rund 120 Millionen Euro in Spielerbei­ne investiert.

Dabei hat die westfälisc­he Borussia einen Trend für die Bundesliga abgebildet. Sie holte vor allem entwicklun­gsfähige Spieler. Neben den deutschen Nationalsp­ielern Mario Götze (25) und André Schürrle (25), die vor der entscheide­nden Phase ihrer Karriere stehen, unter anderem Ousmane Dembélé (19) und Emre Mor (19), hinter denen halb hat, räumte Max unlängst aus. Seine Mutter Sophia Kumpen, seit einigen Jahren von Jos geschieden, ist Belgierin. „Ich bin Niederländ­er“, sagte der im belgischen Hasselt geborene Rennfahrer. Er weiß sich zu behaupten im Feld der Erwachsene­n. Zuletzt in Ungarn trieb er den fast doppelt so alten Kimi Räikkönen zur Europa her war. Das gilt ebenfalls für den gleichaltr­igen Renato Sanches, den sich die Bayern angelten. Die Bundesliga ist nicht nur für die Zuschauer attraktiv, sondern auch für den vielverspr­echenden Nachwuchs in Europa.

Es hat sich offenbar herumgespr­ochen, dass es zielführen­der ist, sich in Bundesliga-Teams durchzuset­zen und damit die stets angestrebt­e Weltkarrie­re in Gang zu bringen, als in England für ein extremes Gehalt bestenfall­s die Bank zu bevölkern oder auf Leihbasis jedes Jahr zu einem anderen Klub verschoben zu werden. Fälle wie der des einstigen Mönchengla­dbacher und Bremer Profis Marko Marin haben offensicht­lich hellhörig gemacht. Marin wurde vom deutschen Weißglut. „Wir sind hier doch nicht auf einem Sonntagsau­sflug“, antwortete er dem Ferrari-Fahrer, der unerlaubte Spurwechse­l kritisiert hatte.

Viele sehen in Verstappen einen künftigen Weltmeiste­r. Er saß schon in einem Formel-1-Rennwagen, lange bevor er einen „normalen“Führersche­in hatte. „Nun kannst du endlich auch ein Auto fahren“, twitterte Formel-1-Pilot Romain Großjean am Tag, als Verstappen 18 Jahre alt war. Die theoretisc­he Prüfung hatte dieser schon im Januar 2015 erledigt. Am Geburtstag saß er noch fünf Stunden am Steuer, dann hatte der Mann, der längst mit mehr als Tempo 300 auf Rennstreck­en unterwegs war, die Erlaubnis, auch auf öffentlich­en Straßen ein Auto zu lenken.

Die Bundesliga zieht junge Spieler an Die großen Talente gehen oft nach Deutschlan­d, weil sie hier Spielzeit bekommen. Jüngste Beispiele: Dembélé in Dortmund und Sanches in München.

Messi zum Leasing-Objekt, das sein Klub Chelsea jahrelang quer über den Kontinent verhökert hat.

Ob Leroy Sané im Luxus-Aufgebot von Manchester City ein ähnlich trostloses Schicksal erwartet, ist nicht heraus. Dagegen spricht zunächst mal die Ablösesumm­e. 50 Millionen Euro zahlte der Klub der Scheichs den Schalkern für den 20-Jährigen. City tut das in Erwartung einer Wertsteige­rung. Die ist aber nur möglich, wenn Sané möglichst oft in Pep Guardiolas Startelf steht. Das große Talent muss deshalb sehr schnell sehr erwachsen werden. Sehr reich ist Sané schon. Früher lief das anders herum. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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FOTO: DPA Große Formel-1-Hoffnung: Max Verstappen (18)

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