Rheinische Post Kleve

Rheinische Torfabrike­n

- VON KARSTEN KELLERMANN UND STEFANIE SANDMEIER

Gladbach und Leverkusen sind offensiv ausgericht­et. Lars Stindl und Kevin Volland stehen für den jeweiligen Ansatz.

MÖNCHENGLA­DBACH Jannik Vestergaar­d sieht es ganz pragmatisc­h. Er steht jetzt auf der richtigen Seite. Der Däne ist Verteidige­r in Diensten von Borussia Mönchengla­dbach, und als er nach dem 6:1 im Champions-League-Play-off gegen Bern gefragt wurde, wie viel Spaß es mache, mit Spielern wie Raffael, Thorgan Hazard und Lars Stindl im Team zu sein, sagte er: „Ich habe ja schon gegen die Jungs gespielt, und glauben Sie mir: Das ist nicht schön.“

Wer das Gladbacher Offensivko­nstrukt am Mittwoch bei der Arbeit gesehen hat, wird Vestergaar­d beipflicht­en. Die drei Herren spielten sich regelrecht in einen Rausch, es war Kurzpassfu­ßball vom Allerfeins­ten, der da auf dem Rasen des Borussia-Parks zelebriert wurde. Raffael schoss drei Tore, Hazard auch, nur Stindl ging leer aus. Seinen Job machte der Mann, der vor einem Jahr auch bei Bayer Leverkusen, Borussias heutigem Gegner im Gespräch war, dennoch herausrage­nd. Stindl gibt sozusagen eine Neundreivi­ertel im Borussen-Spiel, ein wenig mehr „Zehner“als Stürmer, ein „Verbindung­sspieler“, wie Coach André Schubert sagt. Der, bei dem die Fäden zusammenla­ufen.

„Er ist immer anspielbar, zeigt sich in der Tiefe, spielt wunderbare Pässe durch die Linien und kombiniert“, schwärmt Trainer André Schubert von Stindl, den er zum Kapitän gemacht hat. Stindl ist aber auch Torjäger. In der vergangene­n Saison traf er siebenmal und legte elf Tore auf. „Lars wird sicherlich auch wieder seine Tore machen“, versichert Schubert. Tore – darauf sind er und sein Leverkusen­er Kollege Roger Schmidt vor allem aus. Sie definieren Fußball als Unterhaltu­ng. „Es gibt viele Ähnlichkei­ten“, sagt Schubert. „Der große Unterschie­d liegt in der Reaktion nach Ballgewinn. Leverkusen schaltet schnell um und versucht, in die Tie- fe zu kommen. Da kommt es häufig zu einem offenen Schlagabta­usch. Wir haben gerne auch mal die Kontrolle.“Borussia spielt häufig horizontal, lässt den Ball zirkuliere­n, während Bayer immer vertikal unterwegs ist. Für diesen Unterschie­d stehen die Stürmertyp­en Stindl und auf der anderen Seite Kevin Volland. Er war auch in Gladbach ein Thema, nun ist er bei Bayer.

Laufbereit, vielfältig einsetzbar, durchsetzu­ngsstark. Volland war während seiner Zeit in Hoffenheim in mehr als jedem zweiten Spiel an einem Tor beteiligt. Einen „Charakter-Spieler“nennt ihn sein Trainer. „Er ist sehr ballsicher, bewegt sich gut, leitet die Bälle gut weiter, und er kann sich auf engem Raum durchsetze­n. Seine Mitspieler werden von ihm profitiere­n.“Soll heißen: Der ehemalige Hoffenheim­er macht das Angriffssp­iel im Verbund mit Chicharito, Julian Brandt und Karim Bellarabi (der seinen Vertrag um ein Jahr bis 2021 verlängert­e) noch schwerer ausrechenb­ar. Jeder kann Torschütze und jeder Vorbereite­r sein. Bayers Sturm ist eine Ansage. Joachim Löw scheint das ähnlich zu sehen, der gleich alle drei deutschen Offensivkr­äfte für die nächsten Länderspie­le nominierte. Mit Bernd Leno und Jonathan Tah stellt Leverkusen damit den größten Block. In Abwesenhei­t von Chicharito, der sich die Hand brach, wird es in Gladbach noch mehr auf Volland ankommen. Schmidt wird in Ruhe abwägen, ob er ihm Admir Mehmedi, Brandt oder Hakan Calhanoglu an die Seite stellt. Brandt habe die Olympia-Strapazen gut überstande­n, erklärt Schmidt.

Der 49-Jährige erwartet viele Umschaltmo­mente im Duell der rheinische­n Torfabrike­n: „Beide Teams wollen den Ballgewinn nutzen, um dem Gegner weh zu tun. Das kann Gladbach wirklich sehr gut – wir aber auch. Gladbach hat schlaue, schnelle Spieler vorne.“Er wird unter anderem Lars Stindl meinen.

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FOTO: DIRK PÄFFGEN Das Tor im Blick: Gladbachs Angreifer Lars Stindl hängt hier den Leverkusen­er Nationalsp­ieler Jonathan Tah ab.

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