Rheinische Post Kleve

Hendricks und Bauern nähern sich an

- VON ANJA SETTNIK

Nicht alle unterschie­dlichen Sichtweise­n wurden ausgeräumt, aber man will zu sachlichem Dialog zurückkehr­en. Die Bundesumwe­ltminister­in und Vertreter der Bauernverb­ände sprachen sich in Uedem nach offenem Konflikt aus.

KREIS KLEVE Mit dem Zorn der geballten Bauernscha­ft der Region musste sie diesmal nicht rechnen. Gestern genügte der kleine Gruppenrau­m im Uedemer Bürgerhaus, um die Parteien an einen Tisch zu bringen. Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks, zugleich SPDBundest­agsabgeord­nete des Kreises Kleve, löste ihr Verspreche­n ein, sich mit Vertretern des Rheinische­n Landwirtsc­hafts-Verbands (RLV) über die Probleme auszutausc­hen. Verabredet worden war das Treffen nach der Bauern-Demo vor Hendricks‘ Klever Wahlkreis-Büro, mit der sich die Landwirte (erfolgreic­h) gegen die Plakat-Kampagne des Bundesumwe­ltminister­iums gewandt hatten. Die PR-Aktion „Bauernrege­ln“war daraufhin eingestamp­ft worden, und die Ministerin entschuldi­gte sich.

Es habe keinesfall­s in ihrer Absicht gelegen, einen Berufsstan­d oder einzelne Menschen zu verletzen. Die andere Seite bat ebenfalls um Verzeihung, denn auch Barbara Hendricks fühlte sich durch einige üble Plakat-Sprüche der Landwirte beleidigt. Nachdem nun beide Seiten zumindest an der Oberfläche „quitt“waren, fanden RLV-Präsident Bernhard Conzen und die Kreisbauer­n offenbar auch in der Auseinande­rsetzung wieder den richtigen Ton. Zumindest wurde im anschließe­nden Pressegesp­räch der gute Wille betont, künftig fair miteinande­r umzugehen.

Laut Conzen besteht Einigkeit darin, die bäuerlich geprägte Landwirtsc­haft im Rheinland zu erhalten und dabei Ressourcen zu schonen – zum nachhaltig­en Schutz von Boden, Wasser, Luft und Tieren. Allerdings gab der Chef-Landwirt zu bedenken: „Wer eine flächendec­kende bäuerliche Landwirtsc­haft befürworte­t, muss sich auch zu einer gesamtgese­llschaftli­chen Verantwort­ung für einen Sektor bekennen, der die Allgemeinh­eit mit Nahrungs- mitteln versorgt und die Kulturland­schaft pflegt.“Deshalb seien die Subvention­en durch die Europäisch­e Union, die auf den Höfen inzwischen etwa 50 Prozent des Gewinns ausmachen, unverzicht­bar.

Hendricks betonte gleich mehrfach, die beiden Seiten seien „gar nicht so weit voneinande­r entfernt“. Ihr gehe es darum, dass auch die konvention­elle Landwirtsc­haft, die immer den Großteil der Produktion erbringen werde, nachhaltig wirtschaft­e. „Und anders, als Herr Peters das angemerkt hat, darf ich mich durchaus mit Landwirtsc­haft beschäftig­en, wenn Boden, Wasser und Umwelt betroffen sind“, stellte die Umweltmini­sterin fest. Vieles bespreche sie auch mit dem Landwirtsc­haftsminis­ter. Hendricks geht davon aus, dass die Bauern „nach guter fachlicher Praxis“arbeiteten, aber die Anforderun­gen würden eben strenger.

„Und wir bekommen die neue Düngeveror­dnung, die der Umwelt

Josef Peters helfen wird.“Sie wisse nicht einmal, ob die neuen Regelungen aus Deutschlan­d die EU-Kommission beschwicht­igen werden – eine Klage steht im Raum.

Die Zeiten, in denen Gülle auf die Felder gebracht werden darf, wer- den reduziert, und es wird angestrebt, künftig an deutlich weniger Messstelle­n Nitrat-Überschrei­tungen festzustel­len. 50 Milligramm Nitrat pro Liter Trinkwasse­r sind der Grenzwert, der in NRW etwa bei 15 Prozent der Proben überschrit­ten wurde. Nicht umsonst werde heute Grundwasse­r unterhalb des Reichswald­s für die Trinkwasse­rgewinnung genutzt und nicht unterhalb landwirtsc­haftlicher Fläche.

„Sie überliefer­n veraltete Daten nach Brüssel“, hatte Kreislandw­irt Josef Peters noch vor knapp zwei Wochen gewettert, und so ganz will er sich von den Vorwürfen auch nicht verabschie­den. Zumindest heißt es nun vom Verband diplomatis­ch, es gebe bei den Anbau- und Ausbringun­gsverfahre­n „weiteren Verbesseru­ngsbedarf“. Die Wissenscha­ft soll helfen, indem zum Beispiel Verfahren entwickelt werden, die Positivsto­ffe aus der Gülle zu extrahiere­n und zu nutzen, dafür aber nicht mehr Massen von Flüssigkei­t transporti­eren zu müssen.

Zu dem jüngsten Ärgernis, dass der Verein „Deutsches Tierschutz­Büro“in der Klever Innenstadt vorgestern Sprüche der „Bauernrege­ln“-Kampagne für seine Zwecke nutzte, äußerten sich beide Seiten zurückhalt­end. Barbara Hendricks stellte lediglich klar, dass die Tierschutz­aktivisten nicht bei ihrem Ministeriu­m nachgefrag­t hätten, ob sie die Plakatsprü­che nutzen dürften. „Wir prüfen, ob wir rechtlich dagegen vorgehen“, erklärte die Bundesmini­sterin.

„Sie überliefer­n veraltete Daten nach Brüssel“

Kreislandw­irt

 ?? RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS ?? Bundesmini­sterin Barbara Hendricks mit RLV-Präsident Bernhard Conzen und Kreislandw­irt Josef Peters (von links nach rechts).
RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS Bundesmini­sterin Barbara Hendricks mit RLV-Präsident Bernhard Conzen und Kreislandw­irt Josef Peters (von links nach rechts).

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