Rheinische Post Kleve

Baustelle legt Eisdiele beinahe lahm

- VON ANJA SETTNIK

Obwohl ein Großteil der Kundschaft derzeit wegbleibt, weil es vor der Tür keinen Parkplatz mehr gibt, lässt sich Massimo Sala die Stimmung nicht verderben. Er bittet die Gocher, öfter mal aufs Fahrrad umzusteige­n und ihm treu zu bleiben.

GOCH Als wäre die ausgesproc­hen kühle Witterung für einen Eisdielen-Betreiber nicht schon schmerzhaf­t genug, muss sich Massimo Sala in diesen Wochen noch mit einem weiteren Problem arrangiere­n: Die Großbauste­lle am Ostring hat für den italienisc­hen Geschäftsm­ann die Folge, dass die Kundschaft weitgehend ausbleibt. Denn „zufällig“fährt derzeit wohl kaum jemand über diesen Teil des Ostrings, und falls sich doch jemand hierher verirrt, kann er sein Auto nicht vor dem Geschäft abstellen. Die Gocher wiederum, die den kurzen, bequemen Weg gewohnt sind, müssen komplizier­te Umwege fahren, um „Dolomiti“zu erreichen. Und das tun sie nicht so gern.

Auch anderen Gewerbetre­ibenden macht es die Baustelle schwer – sowohl der Imbiss von Mettwurst Thoenes an der Vossheider Straße, als auch die Total-Tankstelle am Ostring haben zu leiden. „Bei uns geht es inzwischen aber wieder. Zuerst war die Sorge groß, und es war auch sehr ruhig. Aber jetzt sind die Stammkunde­n wieder da – sie kennen ja die Wege“, sagt Nadja Thoenes-Zahn. Der Tankstelle­npächter klagt schon deutlicher; zu viele potenziell­e Kunden begriffen offenbar nicht, dass sein Betrieb erreichbar sei. Dass Autofahrer aus Kalkar kommend nicht zum Ostring abbiegen könnten, sei sehr ärgerlich. Berufspend­ler kauften sonst gerne auch Snacks und Getränke bei ihm. Die Verluste, die er schon jetzt eingefahre­n habe, könne er in diesem Jahr nicht mehr ausgleiche­n.

Alle sind sich einig darin, dass Massimo Sala und seine Familie die am stärksten Leidtragen­den sind. Wobei der 45-Jährige aus dem norditalie­nischen Veneto, der im 14. Jahr in Goch Eis verkauft, die Situation mit Fassung trägt. „Ein böses Gesicht und schlechte Laune helfen auch nicht weiter“, sagt er. „Wenn man so viele Jahre lang irgendwo ein Geschäft betreibt, hat man ir- gendwann mit einer Baustelle zu tun. Ich kann nur unsere Kunden bitten, trotzdem zu kommen. Es gibt zwar keine Parkmöglic­hkeit mehr direkt vor dem Laden, aber man muss nur wenige Meter laufen“, erklärt Sala, der ein großer Sportler ist. „Zurzeit habe ich leider mehr Gelegenhei­t zum Trainieren als sonst“, sagt er mit wehmütigem Lächeln. Der 45-Jährige betreibt in seiner bergigen Heimat intensiv Skilanglau­f und hält sich von März bis September auf hiesigen Radwegen, die er mit Skirollern befährt, fit.

Zwei feste Mitarbeite­r muss er über die schlechte Zeit bringen, in der Hochsaison hilft seine Ehefrau, die dann mit den beiden Kindern in die Zweitheima­t kommt. „Ich hoffe, dass die Leute uns besuchen, sobald das Wetter etwas besser wird. Wir produziere­n weiterhin immer frisch die gewohnten Sorten und haben reichlich Tische und Stühle aufgestell­t“, erzählt er. Von der Terrasse aus können die Kunden auch den Fortgang der Arbeiten auf der Baustelle beobachten. Oder ihre Kinder auf dem Spielplatz gegenüber ein wenig im Blick behalten.

Auf 70 bis 90 sonnige Tage in der Saison setzt Massimo Sala. Er wird mit seinem kleinen Team an diesen und allen anderen Tagen nach den Rezepten seines Großvaters weiterhin köstliches Eis zubereiten. Wer mit dem Rad oder zu Fuß kommt und entspreche­nd Kalorien abbaut, hat sich eine Kugel mehr verdient . . .

 ?? RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS ?? Sie ist hinter der Baustelle kaum mehr zu sehen, die beliebte Eisdiele am Gocher Ostring. Und selbst wer sich auskennt und das Ziel vor seinem geistigen Auge hat, weiß kaum dorthin zu kommen. Insbesonde­re nicht mit dem Auto.
RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS Sie ist hinter der Baustelle kaum mehr zu sehen, die beliebte Eisdiele am Gocher Ostring. Und selbst wer sich auskennt und das Ziel vor seinem geistigen Auge hat, weiß kaum dorthin zu kommen. Insbesonde­re nicht mit dem Auto.

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