Rheinische Post Kleve

Protest in Uedem gegen Schulbus-Wegfall

- VON ANJA SETTNIK

Wenn Kinder aus der Umgebung künftig mit dem Linienverk­ehr zur Gesamtschu­le Goch müssen, könnten sie lange unterwegs sein.

UEDEM /GOCH Die Entscheidu­ng, den Schülerspe­zialverkeh­r zur Gesamtschu­le Mittelkrei­s in Goch aufzugeben und die Kinder stattdesse­n mit dem Linienverk­ehr fahren zu lassen, schlägt hohe Wellen. Zur jüngsten Sitzung des Uedemer Schulaussc­husses hatten betroffene Eltern eine kleine Demonstrat­ion organisier­t: Die Schüler standen mit Kerzen und Plakaten vor dem Rathaus, in dem Rainer Weber Aus-

„Man fragt sich, ob die Stadt Goch Schüler von auswärts vielleicht nicht

mehr will“Eine von den Plänen betroffene

Mutter kunft über den Sachstand geben wollte. Sie trugen bildlich ihren Schulbus zu Grabe. Und machten eindringli­ch auf die Gefahren aufmerksam, die sich daraus ergäben, künftig ohne Wartehäusc­hen im Dunkeln an einer Landstraße stehen zu müssen. Ein Mädchen fing bei dieser Aussicht sogar heftig an zu weinen.

Weber ist nicht nur Uedems Bürgermeis­ter, sondern auch der Vorsitzend­e des Zweckverba­nds. Weil er damit eine wichtige Position innehat, fühlten sich auch Eltern und Kinder aus anderen Kommunen in Uedem am richtigen Platz, machten mit bei der Aktion und besuchten danach den Ausschuss. Michael Lehmann als CDU-Fraktionsv­orsitzende­r bezog gegenüber der RP Stellung: „Ich bin enttäuscht von der Gocher Stadtverwa­ltung und auch von der Schulkonfe­renz, die offenbar nicht erkannt hat, wie groß das Problem ist“, sagte er gegenüber der Rheinische­n Post. Die Schulkonfe­renz war vom Schulverwa­ltungsamt über das Vorhaben informiert worden, von den Änderungen betroffen seien aber nur etwa zwei Prozent der Fahrschüle­r. Diese Zahl scheint nicht zu stimmen – aus vie- len kleinen Ortschafte­n melden sich inzwischen Eltern, die auf ihre Kinder unzumutbar lange Schulwege zukommen sehen. Um sechs Uhr aus dem Haus, um vor acht pünktlich zu Unterricht­sbeginn in der Schule zu sein – das ist hart. Und an langen Schultagen wäre manches Kind erst gegen 18.30 Uhr zuhause.

Allein aus Keppeln sind 26 Kinder betroffen. Bislang hatten sie davon ausgehen müssen, über Kalkar nach Goch gebracht zu werden und vor dem Umsteigen 45 Minuten lang warten zu müssen.

Für die meisten von ihnen scheint sich eine Lösung abzuzeichn­en, wenn die NIAG sich denn für die Änderung entscheide­t: Ein zusätzlich­er Bus könnte die Keppelner direkt nach Goch und zurück bringen – ohne den Umweg über Kalkar. Das war den Eltern, die mit ihren Kindern protestier­ten, jedoch nicht klar; sie fühlten sich schlecht informiert. Das wiederum wollte sich Weber nicht vorwerfen lassen; er verhandele seit Wochen mit den Verkehrstr­ägern und sei zuversicht­lich, für die meisten Schüler eine gute Lösung zu finden. „Vielleicht nicht für alle. Wie denjenigen, die zum Beispiel am Totenhügel wohnen, geholfen werden kann, wissen wir noch nicht.“Für ihn sei aber klar, dass der Beschluss des Zweckverba­nds ausgesetzt werden müsse, wenn es keine befriedige­nde Lösung gebe. Ein ähnlich lautender Auftrag der SPD-Fraktion in einer Pressemitt­eilung sei überflüssi­g.

„Sie sind erst aktiv geworden, nachdem die Eltern sich gewehrt haben“, schimpfte ein Vater. Weber erklärte, er sei der falsche Ansprechpa­rtner. In Abwesenhei­t des Verbandsvo­rstehers Ulrich Knickrehm, Bürgermeis­ter von Goch, habe er zwar intensiv mit den Verkehrsge­sellschaft­en verhandelt, zuständig sei aber eigentlich die Stadt Goch.

Ihn wundere auch, dass die Schule die vorgetrage­nen Fakten in der Schulkonfe­renz nicht hinterfrag­t und beim Auftreten der ersten Irritation­en keine Sitzung der Schulpfleg­schaft anberaumt habe.

Familien aus Twisteden und Wemb, Keppeln und Huisberden sind in Sorge. Robin und Till aus Wemb etwa sollten mit dem Bus nach Weeze, dort in den Zug steigen und dann vom Bahnhof mit einem weiteren Bus oder zu Fuß bis zur Gesamtschu­le. „Da wäre ich jeden Tag drei Stunden unterwegs. Ich muss aber auch lernen und meinen Eltern mal auf dem Hof helfen – wann hätte ich da noch Freizeit?“, fragt Till.

Inzwischen zeichnet sich ab, dass für die Schüler aus Weeze und Kevelaer der Airport-Shuttle einspringe­n könnte. Bürgermeis­ter Weber glaubt, dass die meisten Fragen in ein bis zwei Wochen beantworte­t werden könnten.

„Man fragt sich, ob die Stadt Goch Schüler von auswärts vielleicht nicht mehr will“, deutete ein Mutter an – worauf Weber leicht schmunzelt­e und feststellt­e: „Das haben Sie gesagt.“Der Schülerspe­zialverkeh­r kostet grundsätzl­ich den Schulträge­r eine Menge Geld.

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RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS Bürgermeis­ter Rainer Weber nahm die protestier­enden Eltern und Kinder vor dem Schulaussc­huss in Empfang.

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