Gipfel der Bescheidenheit
Geschickt hat Kanzlerin Merkel die Erwartungen an den G20-Gipfel fast auf Null gesenkt. Sie kann dann jede noch so kleine Einigung als Erfolg verkaufen – wie etwa einen Fonds für Unternehmensgründerinnen in der Dritten Welt. Sicher sehr wichtig, aber eben nur ein Tropfen in einem Meer von Problemen.
Es könnte sogar sein, dass erstmals in der Geschichte dieses noch jungen Formats der offene Konflikt im Schlussdokument zum Ausdruck kommt. Das mag ehrlich sein, bringt aber die Weltgemeinschaft nicht voran. G20 ist ein sensibles Format, weil hier Demokraten und Autokraten zusammenkommen, um Probleme zu lösen. Dass jetzt ausgerechnet die demokratische Führungsmacht USA beim Klimaschutz einen gefährlichen Sonderweg geht, unterstreicht die Ratlosigkeit in diesem Gremium, das ungefähr 80 Prozent des Welteinkommens repräsentiert.
Der einzige Vorteil von G20 scheint derzeit zu sein, dass man noch miteinander und nicht nur übereinander redet. Auch ein konfliktreicher Dialog ist besser als die Isolierung einzelner Länder, insbesondere unseres wichtigsten Bündnispartners USA. Wenn Merkel und ihre Mitstreiter Letzteres verhindern, ist schon viel erreicht. Bescheidenheit ist angesagt. BERICHT MERKEL KÄMPFT UM KLIMASCHUTZ, TITELSEITE
Wer sich zu einem Wettrennen mit mehr als 200 PS starken Autos in einer Innenstadt verabredet, dem ist nicht zu helfen. Es ist zu begrüßen, dass der Bundesgerichtshof hart gegen Raser vorgeht und erneut ein scharfes Urteil gefällt hat. Dass Menschen bei illegalen Autorennen getötet werden, entspringt aus juristischer Sicht nicht dem Zufall, sondern dem Vorsatz. Wer ins Auto steigt und eine Fünfzigerzone mit dem Nürburgring verwechselt, der muss, nach allem, was bereits geschehen ist, mit dem Tod eines Menschen rechnen. Ja, er nimmt den Tod eines Menschen in Kauf. Opfer dieses Irrsinns kann jeder werden. Raser wollen vielleicht keine Toten, aber Raser töten. Das ist es, was zählt.
Die Begründung der Entscheidung aber ist befremdlich. Das Rechtsempfinden der Bevölkerung ist nicht konstant. In anderen Fällen droht dabei Ungemach: Sollen sich Gerichte bei Kinderschändern am Rechtsempfinden der Bevölkerung orientieren? Oder bei Terroristen? Besser nicht. Die Justiz ist besonnener als das Volk. Sie sollte ihm nicht nach dem Mund reden, sondern schlicht Gesetze anwenden. BERICHT
KTödliche Raserei
Erdogan provoziert
urz vor Beginn des G 20-Gipfels in Hamburg hat Recep Tayyip Erdogan mit Worten und Taten noch einmal knallhart klargemacht, dass er auf Konfrontationskurs mit Deutschland bleibt. In Interviews wiederholte er seine Nazi-Vorwürfe und attackierte die Bundesregierung erneut als TerrorHelferin. Zugleich wurden in der Türkei erneut Menschenrechtsaktivisten verhaftet, darunter eine deutsche Staatsbürgerin. Kurz: Erdogan reist mit maximaler Provokation im Gepäck nach Hamburg.
Wer weiß, wie die Reaktion auf den tobenden Türken ausfiele, gäbe es nicht den Flüchtlingspakt mit der Türkei. So aber bleibt es dabei, dass sich Deutschland gefährlich abhängig gemacht hat von den Launen Erdogans. Natürlich wäre ein kompletter Bruch mit der Türkei töricht; wahrscheinlich wäre er in der Praxis nicht einmal umsetzbar. Aber eine Suspendierung der Beitrittsgespräche mit der Türkei, die das Europa-Parlament jetzt erneut gefordert hat, ist überfällig. Schon aus Respekt vor den Opfern der Repression in der Türkei. Und auch aus Gründen der europäischen Selbstachtung. BERICHT