Die Märkte beobachten und nicht in Sicherheit wiegen
Der Dax hat die 13.000 Punkte fest im Blick, und auch in den USA herrscht an den Börsen aktuell noch Feierstimmung. Aber wird das so bleiben? Experten raten zur Vorsicht und genauem Hinschauen. Ein Weg könnte sein, jetzt erst einmal Gewinne mitzunehmen und dann im Herbst nach einer möglichen Abkühlung wieder einzusteigen.
An den internationalen Börsen geht es derzeit tüchtig rund. Der deutsche Leitindex Dax hat seit dem Frühling zwischenzeitlich rund sechs Prozent zugelegt und die „magische Marke“von 13.000 Punkten durchaus im Blick. Im Dow Jones und MSCI World sind ebenfalls mehrere Prozent hinzugekommen. Und das sind noch verhältnismäßig bescheidene Zuwächse, wenn man sich die Zahlen der zu- rückliegenden zwölf Monate anschaut. Da sind es im Dax mehr als 37, im MSCI World knapp 20 , im Dow Jones knapp 25 Prozent.
Doch wie lange geht dies weiter? Beobachter äußern bereits Zurückhaltung und weisen darauf hin, dass es zu einer spürbaren Abkühlung kommen kann – vielleicht nicht direkt, aber im Laufe des Herbstes. Der Düsseldorfer Vermögensverwalter Thomas Hünicke (WBS Hünicke) betont, dass der USMarkt, dessen Wert sich zuletzt rasant entwickelt habe, schon überhitzt sei: „Viele Aktien sind überwertet, die Einstiege dementsprechend teuer. Deshalb ist gerade in der jetzigen Marktphase, in der manche Beobachter vor einer Abschwächung des langlaufenden Bullenmarktes warnen, wichtig, US-Aktien genau zu analysieren. 100-Tage-Linie, Kurs-Gewinn-Verhältnis etc. sind wichtige Kennziffern, um den Preis und den tatsächlichen Wert eines Titels und den richtigen Zeitpunkt für Kauf (und Verkauf) möglichst genau bestimmen zu können.“
Auch bei der Privatbank Merck Finck ist man verhalten, was den US-Markt angeht – be- sonders in politischer Hinsicht. „Im Gegensatz zu Europa ist die politische Marschrichtung in den USA weniger klar. Die Unsicherheit hat aufgrund eines denkbaren Amtsenthebungsverfahrens gegen Donald Trump zugenommen. Bislang kann er auf die Unterstützung der meisten Republikaner zählen.“Ebenso verweist Chefstratege Robert Greil in seinem „Marktkompass“für den Monat Juni auf die bessere Bewertung europäischer Aktien im Vergleich zu US-amerikanischen hin. Deshalb halte die Bank an der Übergewichtung europäischer Aktien und der Untergewichtung von US-Titeln fest. Aber auch Europa wird kritischer beäugt. So schreibt Analyst Markus Reinwand von der Helaba, dass das „Gewitterrisiko“gestiegen sei. „Nach kleineren zwischenzeitlichen Ausschlägen bewegt sich die implizite Aktienvolatilität für die international führenden Indizes nahe der langfristigen Tiefststände und signalisiert damit eine gefährliche Sorglo- sigkeit.“Die Walser Privatbank verweist zwar auf die wirtschaftliche Stabilität in Europa – aber auch darauf, dass das Wachstumstempo in der zweiten Jahreshälfte voraussichtlich nicht ganz gehalten werden könne. „Wir rechnen für das gesamte Jahr mit einem realen Wirtschaftswachstum von 1,5 bis 1,8 Prozent“, heißt es bei der Privatbank, die auch in Düsseldorf vertreten ist.
Vermögensverwalter Thomas Lenerz von I.C.M. Independent Capital Management (Mannheim und Neuss) stellt heraus, dass sein Haus auch in der aktuellen Situation „voll investiert“bleibe, um die Chancen weiter zu nutzen. „Aber natürlich setzen wir auch auf ein fundiertes Risikomanagement mit einer defensiven Allokation in den Aktienquoten, damit wir Rückschläge bestmöglich begrenzen können. Ein Instrument für uns sind Discount-Zertifikate, die wir als Puffer in den Depots einsetzen. Damit begrenzen wir die Renditemöglichkeiten ein wenig nach oben, begrenzen aber auch das Verlustrisiko sehr stark. Falls das Papier doch an Wert verliert, profitiert der Investor später vom Aufschwung, denn aufgrund der besonderen Struktur von Discount-Zertifikaten geht die dahinterliegende Aktie in seinen Besitz über“, erläutert Lenerz.
Beobachter äußern, dass es durchaus zu
einer spürbaren Abkühlungkommen
kann „Im Gegensatz zu
Europa ist die politische Marschrichtung in den USA
weniger klar“