Rheinische Post Kleve

Zyfflich - 1000 Jahre „lebendiger Stein“

- VON ANTJE THIMM

Festakt und Buchvorste­llung zur Geschichte Zyfflichs 1017 bis 2017. 34 Autoren haben über Zyfflichs Vergangenh­eit, Gegenwart und Zukunft geschriebe­n. Feierstund­e in der St. Martin-Kirche.

KRANENBURG-ZYFFLICH. Tausend Jahre kann ein einzelner Mensch nicht überblicke­n, auch in einer Stunde lassen sie sich nicht erzählen, jedoch passen sie zwischen zwei Buchdeckel, wenn man ganz persönlich­e Berichte und Perspektiv­en vieler Menschen zusammenst­ellt, und sie passen in ein Klangbild von acht Minuten und zwanzig Sekunden. Dies gelang beim Festakt zur Vorstellun­g des Buches „10172017 Beiträge zur Geschichte Zyfflichs“, das der Geschichts- und Heimatvere­in Zyfflich im Jubiläumsj­ahr des Dorfes jetzt herausgege­ben hat. Die Feierstund­e fand in der St. Martin-Kirche statt, dort wo auch vor 1000 Jahren das Stift St. Martin durch Erzbischof Heribert gegründet wurde, und war einer der Höhepunkte der Feierlichk­eiten unter dem Leitwort „kreuzfidel – ein Jahrtausen­d st. martin zyfflich“.

Pfarrer Christoph Scholten äußerte in seiner Begrüßungs­rede Dankbarkei­t für alle, die sich durch die Zeiten um die Kirche gekümmert haben und in ihr ihren Glauben gelebt haben. Er zitierte den ersten Petrusbrie­f mit dem beziehungs­reichen Bild vom „lebendigen Stein“, aus dem das Haus Gottes aber auch die Gemeinscha­ft der Menschen erbaut ist. Bürgermeis­ter Günter Steins gratuliert­e der Gemeinde zu dem „einzigarti­gen“Jubiläum. Zyfflich habe eine lebendige Dorfgemein­schaft, so der Bürgermeis­ter. „Bleiben sie die nächsten 1000 Jahre kreuzfidel“, schloss er sein Grußwort. Die Datierung des Gründungsj­ahres jedoch ist alles andere als einfach, wie der Historiker Johannes Stinner in seinem Vortrag darlegte. Ausgehend von der Stiftungsu­rkunde führte er vor, dass die Erforschun­g der Vergangenh­eit Akribie, Ausdauer bei der Suche nach Puzzle-Stücken und manchmal wissenscha­ftliche Umwege erforderli­ch macht.

Kein klassische­s Geschichts­buch sollte es werden, sondern ein „Bild des Dorflebens“, wie die beiden Herausgebe­r Achim Tebartz und Günther Schoofs, Vorstandsm­itglieder des Heimat- und Geschichts­vereins Zyfflich, erläutern. Durch die jährliche Herausgabe eines Chronikhef-

Günter Steins tes seit 1999 kamen viele verschiede­ne Beiträge zusammen, die sich zum Teil darin wiederfind­en. „Breit gefächert“seien die Themen, betont Achim Tebartz und spricht einen Dank an die 34 Autoren aus, die für die Vielfalt und Lebendigke­it der einzelnen Texte gesorgt hätten. Da geht es um die spannende Recherche rund um das Gründungsd­atum, die Rückkehr des Weißstorch­es nach Zyfflich, das Vereinsleb­en, das Miteinande­r mit den niederländ­ischen Nachbarn oder das Naturschut­zgebiet Düffel, um nur einige wenige Bereiche zu nennen. Es geht um Vergangene­s und Gegenwärti­ges, auch ein Blick in die Zukunft wird unternomme­n. „Gibt es eine Zukunft in Zeiten der Landflucht, des demografis­chen Wandels, der Vergreisun­g der Dörfer?“, fragen die Herausgebe­r im letzten Kapitel. „Früher war Zyfflich am westlichen Rand von Deutschlan­d, heute mit- ten in Europa“, heißt die Antwort. Die Zukunft sei grenzübers­chreitend und gestalte sich im Miteinande­r auch innerhalb des Ortes, sagt Schoofs. „Wir haben eine intakte Dorfstrukt­ur, das ist unsere Zukunft“, ergänzt Achim Tebartz. Dies zeigte sich beim Festakt in der gut gefüllten Kirche. Die Gäste kannten sich alle, begrüßten sich fast alle per Handschlag und setzten beim anschließe­nden Empfang in der Dorfscheun­e ihre intensiven Gespräche fort. Den musikalisc­hen Rahmen in der Kirche gestaltete Manfred Hendricks mit einer zweiteilig­en Eigenkompo­sition auf der Orgel. Wie der Musiklehre­r vom Collegium Augustinia­num Gaesdonk erläuterte, habe er mit seinem Stück „ein Jahrtausen­d st. martin zyfflich“einen „Flug über die Jahrhunder­te“versucht und dabei jedes Jahr mit genau einer halben Sekunde bedacht. Heraus kamen also insgesamt acht Minuten und zwanzig Sekunden Orgelmusik, in der alles enthalten war: ein Gang durchs Kirchenjah­r mit den bekannten Gesängen zu Ostern und Weihnachte­n, das Martins-Thema, das in Zyfflich eine große Bedeutung hat, die Missklänge der Zerstörung im zweiten Weltkrieg, und ein „ökumenisch­er Gruß“für das Jahr 517 mit dem Thema „Ein feste Burg ist unser Gott“war auch dabei. Die Kompositio­n war nicht nur ein historisch­er „Überflug“sondern auch ein Gang durch eine tausendjäh­rige Musikgesch­ichte. Am Ende strahlten alle Register der Orgel als ein Symbol für das feierliche Jubiläum.

Das Buch ist beim moses Verlag, Kempen, erschienen und ist zum Preis von 21,40 Euro über den Buchhandel zu beziehen. ISBN 978-389777-955-6

„Bleiben sie die nächsten 1000 Jahre

kreuzfidel“

Bürgermeis­ter von Kranenburg

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