Der Tag, als der Regen nach Rotterdam kam
ROTTERDAM (gic) Steffi Jones stellte sich in den Dienst der guten Sache. Die Bundestrainerin der Frauenfußball-Nationalmannschaft wollte sich nicht nur mit der Rolle der skeptischen Zuschauerin begnügen, sondern die 44-Jährige packte mit an.
Um die Vertiefung in der Auswechselbank von den Wassermassen zu befreien, bildeten viele Helfer eine Kette und schöpften das Wasser ab. Jones mittendrin. Das Publikum quittierte den Einsatz mit wohlwollendem Applaus. Seit Stunden hatte es am Samstag in Rotterdam geregnet. So sehr, dass der Rasen im Sparta-Stadion zu großen Teilen unter Wasser stand.
Jones machte indes auch schnell deutlich, dass man auf dem durch den Regen komplett aufgeweichten Platz an diesem Abend nicht spielen konnte. Vor allem kein Viertelfinale einer Europameisterschaft. Um 21.50 Uhr wurde die Begegnung zwischen Deutschland und Dänemark schließlich offiziell abgesagt. „Wenn man die Platzverhältnisse gesehen hat, dann war jedem klar, dass man so nicht spielen kann“, sagte Jones. „Ich hätte am Ende zwar auch gespielt. Aber es war natürlich besser für alle, dass abgesagt wurde.“
Die Uefa machte schnell klar, dass sie die Sache deutlich optimistischer einschätzte. Ungeachtet der katastrophalen Bedingungen und einer Spielverzögerung von mehr als einer Stunde. Die Delegation mit der Schiedsrichterin an der Spitze stapfte unbeirrt über den Platz, der mit tiefen Wasserpfützen bedeckt war.
Nur ein paar Volunteers wurden aufgeboten, um die Situation zu verbessern. Jones bat eine Freiwillige, den Zustand des Rasens zu testen und legte ihr einen Ball vor. Die junge Frau lief an – und legte sich rücklings auf den Rasen. Jones half ihr auf – und winkte kopfschüttelnd ab.
Niemand kann etwas für derart starke Regenfälle. Gleichwohl war das Unwetter angekündigt – die Uefa aber hatte sich augenschein- lich nicht richtig auf diesen Fall eingestellt. Das Stadion war für diese EM von Kunst- auf Naturrasen umgerüstet worden. Der Naturrasen wurde nach Auskunft der Uefa auf eine Sandschicht gelegt. Nach der EM gibt es wieder Kunstrasen.
1974 bei der WM in Deutschland gab es eine legendäre Wasserschlacht zwischen der DFB-Auswahl der Männer und Polen. Damals ist Deutschland am Ende des Turniers Weltmeister geworden. Im Jahr 2017 ist immerhin verantwortungsbewusster entschieden worden. Im Sinne des Fußballs ist es eine gute Entscheidung gewesen, nicht anzupfeifen. Der Sport wäre baden gegangen.