Rheinische Post Kleve

Schönes altes Burgtheate­r

- VON LUDWIG KRAUSE

Kleve Es war kalt an diesem Novemberta­g 2001, Hunderte von Kindern und Jugendlich­en in der Fußgängerz­one schienen das aber nicht mal zu spüren. Und wenn, dann interessie­rte es sie nicht: Erste Vorstellun­g von „Harry Potter und der Stein der Weisen“im Burgtheate­r. Einer dieser Filme, die für ganz große Leinwandmo­mente sorgen. Und für genau die war die „Burg“wie gemacht. Das klassische Entree, die roten Wände und Vorhänge, die geschwunge­nen Linien. Der Blick in den Vorführrau­m, in dem eben nicht nur eine Festplatte surrte. Bilder, bei denen es einem heute schwer ums Herz werden kann. Auch weil die Klever so viel mit dem Haus verbinden: Das erste Mal diesen oder jenen Film gesehen, die berüchtigt­en Vorpremier­en von James Bond, die erste Knutschere­i über Popcorn. Und überhaupt: Duf- tete es nicht eigentlich immer nach Popcorn?

Geschrei und Tränen gab es, als der Abriss des Burgtheate­rs – nicht allzu lange nach der Ausstrahlu­ng von Harry Potter – beschlosse­n war. Vor ziemlich genau 15 Jahren war das: Im Dezember 2002 kam der Bagger und riss alles ab, was die Bürger lieb gewonnen hatten. Den Sternenhim­mel mit Raumschiff „Enterprise“im „Burg II“, wie der zweitgrößt­e Kinosaal genannt wurde. Die Treppe hinauf zur Loge, die Sektbar.

Aber – und auch das ist Teil der Wahrheit: Das Burgtheate­r hatte die besten Jahre hinter sich, die größten Filmmoment­e erlebt. 1996 öffneten die Tichelpark Cinemas, einer dieser großen Kino-Komplexe mit neuester Technik, wie gemacht für die Blockbuste­r seiner Zeit: „Men In Black“, „James Bond: Der Morgen stirbt nie“oder „Air Force One“waren es allein im Jahr 1997. Und für die meisten war klar, wo sie diese Filme erleben wollten.

Mit dem Burgtheate­r angefangen hat alles 1937. Damals wurde aus dem ehemaligen Klever Rathaus ein Kino, zur Eröffnung gab es mit einem Farbfilm eine echte Attraktion. Das Haus überlebte den Zweiten Weltkrieg genauso wenig wie große Teile der Klever Innenstadt. Das neue Kino stand aber schon 1949 wie ein Monolith zwischen den Nachkriegs­bauten. Die kommenden Jahrzehnte folgten großes Kino und Krisen. Anfang der 90er wurde dann nochmal aufwendig saniert, eine neue Blütezeit für das Kino, das sich mit dem alten Look noch irgendwie behaupten konnte. 1999 kamen Horst Buchholz, Joachim Krol und Tom Tykwer vor zur Filmpreisv­erleihung der Gilde deutscher Filmkunstt­heater.

Als Burgkinobe­treiber Frank Janssen aber auch die Tichelpark-Cinemas übernahm, brachen die Besucherza­hlen in der „Burg“endgültig ein. 56.000 Besucher zählte es zuletzt. Zum Vergleich: 300.000 wollen die Tichelpark Cinemas dieses Jahr knacken. Als Immobilien­besitzerin Stefanie Hammer beschloss abzureißen, gab es kein zurück mehr.

Immerhin: Für alle, die mit Wehmut zurückdenk­en, sind die Fotos von früher geblieben. Und ein Video der „Hermes House Band“. Die drehte ihre Version von „Que Sera Sera“nämlich noch kurz, bevor die Bagger ins Kino kamen.

Vor 15 Jahren wurde das Kino an der Großen Straße abgerissen. Wir erinnern uns an Kleves rot-plüschigen Filmpalast.

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 ??  ?? Reinhard Berens – schon damals fester Teil des Kinos.
Reinhard Berens – schon damals fester Teil des Kinos.
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Sätze, die man früher verstand: „Einmal Burg 1 bitte.“
 ??  ?? Das Herzstück des Filmpalast­es: Der Vorführrau­m des Klever Kinos.
Das Herzstück des Filmpalast­es: Der Vorführrau­m des Klever Kinos.
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RP-FOTOS (7): MARKUS VAN OFFERN Der Aufgang ins Burgtheate­r.
 ??  ?? Diese Vorhänge, diese Sessel, dieser Kronleucht­er: Der Snack-Bereich im Kino.
Diese Vorhänge, diese Sessel, dieser Kronleucht­er: Der Snack-Bereich im Kino.

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