Merkurs letzte Volleyballer
76 Jahre alt und zugezogen. „Ich war immer im Sportverein. Hier in der Mannschaft fühle ich mich wohl“, sagt er. Als Früke 2011 nach Kleve kam, bestand die Abteilung noch aus 15 Spielern. Nicht nur für ihn geht es neben der Bewegung, guten Ballwechseln auch um den Kontakt untereinander. Wie bei Alt-HerrenSportlern nicht unüblich, trifft man sich anschließend noch. Das Restaurant Bergmann an der Hoffmannallee ist seit jeher ein beliebter Treffpunkt von Volleyball-Teams.
Einer, der für sein Alter mehr als nur ordentlich spielt, ist Willi Paal (65). Paal gehört zu den Jüngeren und ist seit Jahrzehnten Mitglied beim VfL Merkur. Mitte der 70er Jahre trainierte er den Leichtathletik-Nachwuchs des Vereins für Leibesübungen, als auch der noch breiter aufgestellt war. „Man hat mich gefragt, ob ich nicht mitspielen will“, erklärt der 65-Jährige, der zusätzlich noch in einer Mixed-Gruppe am Netz steht. Auch wenn das Spiel hier „aufschlaglastig“ist, er kommt gern, denn er weiß: „Im Alter startet man eben nicht mehr so schnell.“
Die Gruppe ist stets auf der Suche nach Verstärkung. Aber darauf zu hoffen, dass plötzlich 40-Jährige in der Halle stehen, wäre vermessen. Doch gelegentlich kommen neue Interessierte. Getrieben von enor-
Willi Paal mem Ehrgeiz, kehren sie nach dem ersten Abend mit einem Muskelfaserriss wieder nach Hause – und nie mehr zurück zum Training. Das war nicht immer so. Es gab Zeiten, in denen wurde noch lange nicht jeder genommen. Mit Hinweisen, wie die Bälle und das Netz seien privat, wurde den aussortierten Kandidaten die Hallentür gewiesen.
Wenn es bei der Gruppe keine Ausfälle gibt, stehen 13 Männer in der Halle. Wolfgang Graß (77) gehört dazu. Graß ist seit 1948 Mitglied beim VfL, war 17 Jahre Vorsitzender und eigentlich Handballer. Wenn er anfängt, von den glorreichen Zeiten zu erzählen, wird es schwer, ihn wieder einzufangen. Mit einem Hauch Wehmut blickt er auf die 80er und 90er Jahre zurück, in denen zeitweise allein sechs Männerteams für den VfL in der Meisterschaft spielten.
Ein Grund für Aufstieg und Niedergang der Abteilung sind aus Graß’ Sicht die fehlenden Persönlichkeiten und vor allem Trainer. Ob Gottfried Herzberg, Wolfgang Sonnenschein, Manfred Verholen, Hermann Kemper oder Jürgen Thissen – stets besaß der VfL Männer, deren enormer Einsatz dazu beitrug, dass Volleyball im Kleverland populär wurde. Aber auch national rückte die Sportart in den Fokus. So trug die TV-Übertragung des olympi- schen Turniers 1972 von München, zu dem Boom bei. Den Rest erledigten damals die Lehrer. Es war eine Generation, bei denen der Sportunterricht zu großen Teilen am Netz stattfand. So stieg in den 70er Jahren innerhalb von vier Jahren die Mitgliederzahl beim Deutschen Volleyball-Verband (DVV) von 46.000 auf 133.000. Zudem ist das Spiel die einzige Mannschaftssportart, in der man keinen Körperkontakt mit dem Gegner hat, was einer friedensbewegten Gesellschaft entgegenkam.
Bei den Männern im fortgeschrittenen Alter fehlt die Explosivität. Der Wille, ein gutes Spiel abzuliefern, jedoch nicht. Nach einer Kombination mit fünf oder sechs Ballwechseln steigt die Stimmung in der Halle spürbar. Mit dem Ende eines Satzes werden beim Seitenwechsel ein paar Minuten Pause gemacht. Herman Reijers, der Mann in Sportsachen und ohne Ballkontakt, reicht Getränke. Ex-Vorsitzender Graß nimmt einen Schluck. Große Hoffnungen, auf eine Renaissance der Abteilung, hat er keine. „Das Ende des Volleyball-Sports bei uns ist abzusehen“, sagt Graß und schaut in die Runde. Die Auszeit ist abgelaufen, die letzten Volleyballer des VfL Merkur Kleve gehen zurück aufs Feld. Drei Minuten Pause sind vorbei. Schön war die Zeit.
„Im Alter startet man eben nicht mehr so schnell“
Volleyballer beim VfL Merkur
„Das Ende des Volleyball-Sports beim
VfL ist abzusehen“
Wolfgang Graß
Ex-Vorsitzender VfL Merkur Kleve