Chinesische Mauer
Beim Verkauf von Unternehmen geht es zu wie bei Ebay. In der Regel bekommt der Höchstbietende den Zuschlag. Und wie beim Online-Handel interessierte es bislang wenig, wer der Käufer ist. Hauptsache, die Kasse stimmt. Jetzt aber gibt es für den Verkauf von Unternehmen neue Regeln. Die Bundesregierung hat ihr Vetorecht ausgeweitet. Sie kann damit verhindern, dass wichtiges Know-how ins Ausland geht. Besonders die Chinesen, seit Jahren schon auf Einkaufstour in NRW, sollen offensichtlich stärker kontrolliert werden. Weil aber Chinas finanzstarke Investoren nicht selten Höchstpreise zahlen, fürchten verkaufswillige Unternehmen, attraktive Kaufinteressenten zu verlieren. Sie wollen sich das gute Geschäft nicht nehmen lassen und üben Kritik am Vetorecht. Ihr Argument: Vertragsfreiheit und Eigentumsschutz würden ausgehöhlt.
Dabei vergessen sie eine Kernaussage des Grundgesetzes: Eigentum verpflichtet. Dazu zählt auch, wichtiges Wissen und grundlegende Fähigkeiten für Deutschland zu sichern. Allerdings darf das Verbot eines Verkaufs nur das letzte, nach sorgfältiger Prüfung einzusetzende Mittel sein. Ansonsten würde die Bundesregierung sich dem Vorwurf aussetzen, eine „chinesische Mauer“zu errichten. BERICHT WIRTSCHAFT GEGEN ÜBERNAHME-VETO, TITELSEITE
Merkels späte Wut
Die Kanzlerin hat bei einer Wahlkampfveranstaltung ihre demonstrative Zurückhaltung aufgegeben und sich in die Abgas-Affäre eingeschaltet. Mit markanten Worten ging die CDUChefin mit den Autobossen ins Gericht. Für eine sonst nicht zu verbaler Kraftmeierei neigende Politikerin ein bemerkenswerter Vorgang. Allerdings einer mit einem Schönheitsfehler.
Denn Merkel hat das Thema lange links liegengelassen und lieber ihre Kabinettskollegen vorgeschickt. Es ist ein Armutszeugnis, dass die Kanzlerin nun die Ergebnisse des Diesel-Gipfels als unzureichend geißelt. Denn sie selbst hätte es in der Hand gehabt, bei dem mit Spannung erwarteten Treffen ein Machtwort zu sprechen und die Industrie zu weitreichenderen Maßnahmen zu verdonnern. Doch die Kanzlerin hatte es damals nicht für nötig gehalten, für eines der brennendsten wirtschaftspolitischen Themen ihren Urlaub zu unterbrechen, um den Automobil-Managern den Ernst der Lage zu verdeutlichen. Die zur Schau gestellte Wut ist einzig dem Wahlkampf geschuldet und kommt viel zu spät. BERICHT POLITIK SCHIESST SICH AUF AUTOBOSSE EIN, TITELSEITE
Trump verharmlost
Donald Trump hatte die Chance, Klartext zu reden. Er hätte sagen müssen, was unbedingt gesagt werden musste: Dass es weiße Überlegenheitsfanatiker waren, die den Streit um Bürgerkriegsdenkmäler ausnutzten, um Gewalt zu provozieren. Dass es sich bei dem tödlichen Anschlag im Zentrum von Charlottesville um die Terrortat eines weißen Rassisten handelte. Stattdessen begnügte er sich damit, „vielen Seiten“die Schuld in die Schuhe zu schieben. Er laviert, verharmlost und vernebelt, mit derart trivialen Worten, dass es eines amerikanischen Präsidenten nicht würdig ist.
Es ginge zu weit, ihn direkt verantwortlich zu machen für das blutige Chaos in Charlottesville. Doch die Prediger des Hasses sehen in ihm einen Präsidenten, der sie im Aufwind segeln lässt. Der Wahlkämpfer Trump hat sich nie die Mühe gemacht, eindeutig auf Distanz zu den Rechtsextremen zu gehen. Bis heute tut er sich schwer damit, sich von ihnen abzugrenzen. Das aber wäre dringend geboten. Zum einen aus moralischen Gründen. Zum anderen, um die Gräben in den USA nicht noch weiter aufzureißen. BERICHT TRUMP GERÄT NACH NEO-NAZI-GEWALT . . ., TITELSEITE