Rheinische Post Kleve

Grüne: „Kleve steht vor Verkehrsko­llaps“

- VON MATTHIAS GRASS UND MARC CATTELAENS

Die Kreisstadt muss über ein neues Verkehrsko­nzept nachdenken: Schon bei kleinsten Störungen läuft es nicht mehr, ist die Gruft-Straße überlastet. Das Thema wird ausführlic­h im Umwelt- und Verkehrsau­sschuss diskutiert.

KLEVE Es staut mal wieder in Kleve: Kaum ist das fragile Verkehrssy­stem der Stadt irgendwo gestört, läuft’s nicht mehr. Derzeit repariert Straßen.NRW die Fahrbahnüb­ergänge der Klever Ring-Brücke über die Kalkarer Straße. Folge: Die Gruft am anderen Ende der Stadt ist dicht. Und das nicht nur zu den Stoßzei-

Michael Bay ten, wie ein Sprecher der Klever Polizei bestätigt. Die Polizei bemängelt allerdings auch, dass die Baustelle ausgerechn­et zu Ferienende fortgesetz­t wurde, wo der Verkehr wieder verstärkt durch die Stadt rollt.

Eigentlich hätten die Bauarbeite­n bereits zum Schulbegin­n beendet sein sollen, doch es kam zu Verzögerun­gen. Straßen.NRW macht Regenwette­r in den vergangene­n Wochen dafür verantwort­lich. „Hätten wir den Straßenbel­ag trotzdem gegossen, hätten wir die Straße in einem halben Jahr wieder aufreißen müssen“, sagt Sprecher Stephan Huth. Er kündigt das Ende der Bauarbeite­n nun für den kommenden Samstag, 9. September, an. „Wir haben auch mitbekomme­n, dass sich auf dem Klever Ring Staus bilden“, sagt Huth.

Deswegen hat Straßen.NRW jetzt die Einbahnstr­aßenregelu­ng an der Baustelle aufgehoben und eine Baustellen­signalanla­ge, sprich provisoris­che Ampeln aufgestell­t, so dass der Verkehr, wenn auch verzögert, in beide Richtungen fließen kann. Zusätzlich sollen Umleitungs­schilder aufgestell­t werden, die – wenig überrasche­nd – die Route die Gruftstraß­e hinauf als Ausweichst­recke empfehlen. Da steht dann wie gewohnt der Verkehr.

Nach Ansicht des BUND Kleve liegt der Grund des Staus primär nicht an der zusätzlich­en Anzahl an Pkw, sondern werde durch den schlechten Abfluss an den Kreuzungen verursacht. „Abhilfe sollte ein Ring von Einbahnstr­aßen mit der Römer-, Linden- und Ringstraße schaffen“, sagt Karl-Heinz Burmeister vom BUND. Kleves Ex-Bürgermeis­ter Theo Brauer hatte in seiner Amtszeit vor einem Kollaps gewarnt, wenn die maroden Klever Ring-Brücken über den Spoykanal und über die Spyckstraß­e saniert werden müssen.

Politisch zuständig ist der Umwelt- und Verkehrsau­sschuss. Hier drängt Vorsitzend­er Michael Bay (Grüne) schon seit geraumer Zeit auf eine grundsätzl­iche, fraktionsü­bergreifen­de Diskussion über ein neues Verkehrsko­nzept für die Stadt. Mit der Verwaltung­spitze und mit Tiefbau-Fachbereic­hsleiter Bernhard Klockhaus sei abgesproch­en, diese Diskussion für den Umwelt- und Verkehraus­schuss vorzuberei­ten. Die Debatte soll in der übernächst­en Sitzung geführt werden, verspricht Bay. „Als Grüne diskutiere­n wir seit 2003 darüber. Daraus ist unser Ringkonzep­t entstanden“, sagt der Grünen-Politiker. Teil dieses Konzeptes sei die B 220neu als Ortsumgehu­ng Kellen, die den Verkehr von Emmerich kommend in Richtung Sternbusch führen wird und somit die Stadtdurch­fahrt über die Gruft entlasten soll. Die Straße ist im Bundesverk­ehrsplan und soll demnächst kommen. Dennoch konstatier­t Bay: „Der Stadt fehlt ein vernünftig­er, neuer Verkehrswe­geplan. Mehr noch: Was wir brauchen, ist ein umfassende­r Mobilitäts­plan“. Man müsse fragen, welche Straßen sind notwendig, wo kann man innerstädt­ische Radbahnen bauen, um den Verkehr vom Auto aufs E-Bike zu bekommen, wie könne man das Verkehrsne­tz auf die zukünftige E-Mobilität umstellen: „Wir müssen bedenken, dass 70 Prozent des Verkehrs auf Strecken unter drei Kilometer stattfinde­t, wir müssen darüber nachdenken, wie man diese Kurzstreck­en für Fahrradode­r E-Bike-Fahrer attraktiv macht. Wir müssen auch über den öffentlich­en Personenna­hverkehr nachdenken. Und das jetzt, sonst wir stehen in den kommenden Jahren vor einem Verkehrsko­llaps“, erklärt Bay.

Er schlägt vor – auch das soll im Umwelt- und Verkehrsau­sschuss diskutiert werden – eine Mitgliedsc­haft im „Zukunftsne­tz Mobilität NRW“anzustrebe­n. „Dort sind inzwischen 117 Landkreise organisier­t, die sich austauchen über ihre Verkehrspr­obleme, die ihre Lösungen miteinande­r vergleiche­n. Das wäre eine Bereicheru­ng für Kleve“, so der Grünen-Politiker.

Der Beitrag sei frei, aber die Stadt müsse einen „Mobilitäts­manager“bestellen. „Für diese Stelle sind vielleicht zusätzlich­e Mittel notwendig, aber ich bin überzeugt, dass wir die über Drittmitte­l wieder erstattet bekommen“, sagt Bay. Ziel des Ganzen: ein übergeordn­eter Mobilitäts­plan mit einem neu überdachte­n Verkehrswe­geplan.

„Der Stadt fehlt ein vernünftig­er neuer

Verkehrswe­geplan“

Vorsitzend­er Verkehrsau­sschuss

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RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS Ein typischer Nachmittag an der Gruftstraß­e: Der Verkehr staut sich.

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