Rheinische Post Kleve

Was das neue Pauschalre­iserecht bedeutet

- VON PHILIPP LAAGE

Weil immer mehr Menschen sich ihre Urlaubsrei­se individuel­l im Internet zusammenst­ellen, gilt ab Sommer 2018 ein neues Reiserecht. Online-Buchungen werden dadurch besser abgesicher­t. Doch das Gesetz bringt auch Nachteile.

Ab Sommer 2018 tritt die Umsetzung der neuen EU-Pauschalre­iserichtli­nie in Deutschlan­d in Kraft. Der Hintergrun­d: Immer mehr Menschen buchen keine klassische­n Pauschalre­isen bei einem Veranstalt­er mehr, sondern stellen sich ihren Urlaub im Internet selbst zusammen. Der bisherige Rechtsrahm­en aus dem Jahr 1990 wurde darum angepasst. Das ändert sich konkret: Verbundene Reiseleist­ung Bisher vermittelt­en Reisebüros und Online-Portale entweder fertige Pauschalpa­kete eines Reiseveran­stalters oder einzelne Leistungen wie Flug, Hotel und Mietwagen. Die Pauschalre­ise ist gut abgesicher­t: Unter anderem lässt sich bei Mängeln nachträgli­ch der Preis mindern. Individual­reisende haben diese Rechte so nicht. Neu ist nun eine dritte Kategorie: die vermittelt­e verbundene Reiseleist­ung.

Sie liegt vor, wenn der Anbieter dem Urlauber mindestens zwei verschiede­ne Leistungen für die Reise verkauft und dabei verschiede­ne Rechnungen entstehen. Die einzelne Leistung muss mindestens 25 Prozent des Gesamtprei­ses ausmachen. „Die einzige Neuerung ist hier, dass der Vermittler in diesem Fall eine eigene Insolvenza­bsicherung vorlegen muss“, sagt der Reiserecht­sexperte Ernst Führich. Das Reisebüro muss dem Urlauber künftig ein Formblatt aushändige­n, auf dem klar steht: Du kaufst eine Pauschalre­ise – oder eine verbundene Reiseleist­ung.

Transparen­z sollen Reisende auch bei Online-Portalen bekommen. Diese verkaufen ebenfalls klassische Pauschalre­isen. Meist vermitteln sie aber nur Leistungen anderer, auch wenn die Reise wie ein fertiges Paket aussieht – eine verbundene Reiseleist­ung. Auch hier muss das Portal nun aktiv darüber informiere­n. Und es muss eine Insolvenza­bsicherung haben, sofern es Kundengeld­er kassiert.

Informiert ein Portal oder Reisebüro nicht darüber, wenn es nur eine verbundene Reiseleist­ung verkauft, haftet es automatisc­h wie ein Veranstalt­er. Urlaubern stehen dann Ansprüche des Pauschalre­iserechts zu: Insolvenzs­chutz, Rückhol-Garantie nach Deutschlan­d im Krisenfall und die nachträgli­che Preisminde­rung bei Mängeln einer Reise.

Die verbundene Reiseleist­ung hat in der Branche für viel Wirbel gesorgt, Unternehme­n müssen ihre Prozesse umstellen. „Für den Urlaub ändert sich im Prinzip wenig“, sagt Führich. Der Kunde bekommt mehr Klarheit, was er bucht. Der bessere Insolvenzs­chutz wird aber nur dann wichtig, wenn eine Anzahlung durch eine Pleite des Reisebüros oder des Online-Portals bedroht ist. Ferienhäus­er und Tagesreise­n Das Pauschalre­iserecht wird künftig eingeschrä­nkt: Es gilt dann nicht mehr für Ferienwohn­ungen und -häuser von Reiseveran­staltern. Auch Tagesreise­n bis 500 Euro sind nicht mehr abgedeckt. Beides war bislang eine Besonderhe­it des deutschen Reiserecht­s, das im Zuge der europaweit­en Angleichun­g entfällt.

Eine klare Verschlech­terung der rechtliche­n Absicherun­g des Urlaubers, so das Fazit von Verbrauche­rschützern. Mängelanze­ige Bislang konnten Urlauber maximal bis einen Monat nach der Reise Mängel anzeigen, um Geld vom Veranstalt­er zurückzube­kommen. Künftig ist dies bis zu zwei Jahre nach der Reise möglich.

Nach Ansicht des Deutschen Reiseverba­nds (DRV) ist die Änderung unnötig. Das Argument: Wer kann nach zwei Jahren noch beweisen, dass das Essen im Hotel schlecht war? Zudem sollten Urlauber Mängel ohnehin vor Ort dokumentie­ren, damit sie später die Preisminde­rung durchkrieg­en. Künftig haben sie mehr Zeit für die Rückforder­ung – ein Vorteil. Preisänder­ungen Bisher konnte ein Urlauber seinen Reisevertr­ag kostenlos kündigen, wenn sich der Preis nach der Buchung um mindestens fünf Prozent erhöht hat. Künftig ist dies erst ab acht Prozent möglich. Außerdem durfte bislang der Preis binnen vier Monaten vor Reisebegin­n nicht mehr erhöht werden, so der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (vzbv). Dieser Schutz beginnt künftig erst 20 Tage vor Reisebegin­n. Der Veranstalt­er bekommt zudem mehr Spielraum bei Leistungsä­nderungen nach der Buchung, etwa beim Austausch des Hotels. Wenn der Reisende nicht aktiv widerspric­ht, gelten die Änderungen als akzeptiert.

Der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and sieht eine Verschlech­terung des Schutznive­aus.

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FOTO: JENS KALAENE Ab Sommer 2018 gilt das neue Reiserecht, das die Rechte von Individual­reisenden stärkt.

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