Der Tag danach: Wahl-Schock sitzt tief
Für Wahlsieger Stefan Rouenhoff (CDU) beginnt heute die Arbeit in Berlin, SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks bleibt während der Koalitionsverhandlungen noch geschäftsführend im Amt. AfD im Kreis nur halb so stark wie im Bund.
KLEVE Heute Morgen um 5.36 Uhr steigt der neue Kreis Klever Bundestagsabgeordnet in den Zug Richtung Berlin. Stefan Rouenhoff, CDU-Mann aus Goch, erlebt an diesem Dienstag seine ersten Sitzungen mit der CDU-Landesgruppe und der Bundestagsfraktion. Viel Zeit zum Feiern blieb zuvor nicht – und die Stimmung passte auch nicht so recht dazu.
Eine rauschende Party sieht anders aus, aber es sei durchaus „schön“gewesen im Klever Kolpinghaus, wo sich am Sonntagabend die CDU traf, um ihrem Spitzenkandidaten Stefan Rouenhoff zum Einzug in den Bundestag zu gratulieren. Günther Bergmann, der Kreisvorsitzende der CDU, ging gegen 22 Uhr nach Hause. „Da waren noch etwa 60 Leute da, darunter eine ganze Menge Gocher.“Der Wahlgewinner selbst zog sich nur Wirtschaftsministerium arbeitete, noch eine (zuletzt untervermietete) Wohnung. Seinen Wählern verspricht er, dass er „mit vollem Einsatz für den Niederrhein“arbeiten und so viel wie möglich vor Ort sein werde. „Das werden herausfordernde Jahre für mich“, sagt er.
Prof. Ralf Klapdor, der FDP-Bewerber, war gestern schon wieder an seinem Arbeitsplatz an der Klever Hochschule. Dass seine Partei bei den Zweitstimmen 13,5 Prozent einfuhr, er selbst nur 7,6 Prozent bekam, hänge damit zusammen, dass der Wahlkampf (auch medial) auf die Vertreter der beiden größeren Parteien zugespitzt gewesen sei. Mit Blick auf Berlin sei abzuwarten, ob die SPD bei ihrem kategorischen „Nein“bleibe und wie es gelingen könne, eine arbeitsfähige Regierung zu bilden. Mit der AfD im Kreis (ein Kreistagsmitglied) werde er sich erst näher auseinandersetzen, wenn sie mit Inhalten von sich reden mache. Das sei bisher nicht der Fall.
Die zum siebten Mal in Folge dem CDU-Kandidaten im Kreis Kleve unterlegene Barbara Hendricks stand am Wahlabend sichtlich schockiert und mitgenommen neben dem SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz, als der vor laufenden Fernsehkameras verkündete, in die Opposition gehen zu wollen. Ihr Aussehen war freilich dem Abschneiden der AfD geschuldet und nicht ihrem eigenen Resultat: „Persönlich kann ich mit dem Ergebnis umgehen. Mir war zuletzt klar, dass ich gegen den Bundestrend nicht ankommen kann“, zeigte sich die SPD-Politikerin mit den 30,6 Prozent der Erststimmen (gegen 45 Prozent für Rouenhoff) zufrieden, lag sie damit doch meilenweit vor dem Bundesergebnis der SPD. „Aber das konnte nicht reichen“, sagt sie in der Rückschau.
Bis auf Weiteres bleibt die 65-Jährige als Bundesumweltministerin geschäftsführend in der Regierung, die erst dann aufgelöst wird, wenn die „Jamaika“-Koalitionsverhandlungen beendet sind. „Ich schätze, kurz vor Weihnachten“, sagt Hendricks. Für die künftige Arbeit im Bundestag sagt sie jetzt schon voraus: „Im Parlament wird es schwer, mit den neuen Kräften umzugehen. Wir müssen sie korrekt behandeln, aber auch darauf achten, dass die Regeln der Geschäftsordnung eingehalten werden.“