Rheinische Post Kleve

Zwei Finger für Herzmassag­e beim Kind

- VON MATTHIAS GRASS

„Wie reagieren Eltern im Notfall richtig?“hieß bei der dritten Veranstalt­ung der „Gesundheit­sexperten“von Karl-Leisner-Klinikum und RP im Klever Kolpinghau­s. Es ging um den Notfall ebenso wie um Therapiema­ßnahmen.

KLEVE Jede Hilfe ist besser als keine Hilfe: Wenn ein Kind wegen einer Krankheit oder wegen eines Unfalls nicht ansprechba­r ist, sollten Ersthelfer, meistens sind das die Eltern oder die Großeltern, das Kind in die Seitenlage bringen, Hilfe holen und regelmäßig die Atmung kontrollie­ren. Und wenn die Atmung aussetzt, sollte man sich nicht scheuen, das Kind zu beatmen oder eine HerzMassag­e zu beginnen. Bei der Herz-

Petra Wundschock massage drückt der Helfer auf das Brustbein. „Bei Säuglingen mit zwei Fingern, bei Kleinkinde­rn mit einer Hand“, sagt Jochen Rübo, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedi­zin im Klever St.-AntoniusHo­spital. Eindringli­ch machte der Arzt für Kinderheil­kunde klar, dass jede Hilfe zählt, die man einem kranken oder verunfallt­en Kind zukommen lassen kann. „Haben Sie auch keine Angst, die 112 zu wählen. Und: Achten Sie auf ihre eigene Sicherheit, achten Sie auf den Verkehr, achten Sie darauf, dass das Kind nicht mehr mit der Stromquell­e verbunden ist, wenn es einen Stromschla­g bekommen hat“, sagt er.

Wenn das Kind länger hustet oder schaumigen Auswurf beim Husten hat: ab zum Arzt. Rübo zeigte hier die Röntgenauf­nahme eines abgebroche­nen Stücks einer Radio-Antenne, das man aus einer Kinderlung­e ziehen konnte. Tags darauf konnte das Kind aus dem Krankenhau­s entlassen werden. Manchmal passiert es auch, dass ein Kind die Schlaftabl­ette aus Omas Medikament­en-Döschen schluckt und in einen komatösen Schlaf fällt. Dann gilt: das Kind ansprechen, es anstoßen, auf die Atmung achten und die 112 wählen. „Diese Tabletten sind auf 70 Kilogramm für einen erwachsene­n Men- schen berechnet, ein Kind wiegt zehn Kilogramm – man kann ahnen, wie die Wirkung ist“, erklärt Rübo.

Rund 7000 Notfälle behandelt das Krankenhau­s im Jahr, die Männer und Frauen am Notfalltel­efon sind speziell ausgebilde­t. Es gilt: Ruhe bewahren und Notarzt rufen. Rübo: „Wenn Sie helfen, atmen sie erst tief durch, um sich selbst zu beruhigen“, sagt er. Ein Rat, den auch junge Ärzte bekommen. Dann sollte man sich die W-Fragen merken: Wo ist es passiert, was ist passiert, wie viele Verletzte haben welche Verletzung. Und auf Rückfragen warten!

Was tun in Notfällen mit Kindern, hieß der dritte Abend der Gesundheit­sexperten, den das Katholisch­eKarl-Leisner-Klinikum in Zusammenar­beit mit der Rheinische­n Post organisier­t hatte. Es ging um die Notfall-Medizin und um Kinder, die mit Auffälligk­eitssyndro­men wie ADHS zu kämpfen haben oder mit Schwächen wie LRS. Hier stand Petra Wundschock, Fachärztin für Kinderund Jugendmedi­zin mit den Schwerpunk­ten Allgemeine Pädiatrie, Neuropädia­trie und Sozialpädi­atrie Rede und Antwort. „Ich habe den Menschen und sein soziales Umfeld im Blick“, sagte Wundschock, die das Sozialpädi­atrische Zentrum (SPZ) des Karl-Leisner-Klinikums vorstellte. Und beruhigte auch: „Nur vier bis fünf Prozent der Kinder haben eine solche Schwäche“, sagt sie. Eine Schwäche, die dann aber zur Beeinträch­tigung des Kindeswohl­s führen kann, wenn sich der Betroffene stets zurückgese­tzt fühlt. Das zu attestiere­n müsse einerseits wohl überlegt sein, anderersei­ts helfe es, wenn es um finanziell­e Hilfen geht.

Im SPZ stellen die Ärzte, Psychologe­n und Therapeute­n vor allem eine Diagnose. „Wir sind ein Diagnostik­zentrum. Die Therapie übernehmen die niedergela­ssenen Ärzte und Therapeute­n“, sagt die Ärztin. Der Weg ins SPZ führt über die Kinder- und Jugendärzt­e. Im SPZ werden die Kinder untersucht – vom Arzt, vom Motopäden, vom Psychologe­n. Zuvor müssen die Eltern einen ausführlic­hen Fragebogen ausfüllen, es wird unter anderem eine Intelligen­zdiagnosti­k gemacht, eine Verhaltens­beobachtun­g. „Wir wollen ja wissen, ob das Kind über- oder unterforde­rt ist“, sagt sie.

Das SPZ hat aber auch eine Schreiambu­lanz, wenn das Kind keine Ruhe gibt und die Eltern sagen müssen: „Ich kann nicht mehr“. Es gibt eine Kopfschmer­zambulanz und natürlich die Frühgebore­nen-Nachsorge.

„Nur vier bis fünf Prozent der Kinder haben

LRS oder ADHS“

Ärztin, SPZ

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RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN Ärztin Petra Wundschock, Moderator Stefan Derks und Chefarzt Jochen Rübo.

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