Bloß nicht vermasseln
Eva Padberg ist nicht nur Model, sondern setzt ihre Prominenz auch als Unicef-Botschafterin ein. Doch passen Glitzerwelt und soziales Engagement zusammen?
NEUSS Die dunkelste Geschichte seines Lebens erzählt Abdullah Eva Padberg nicht. Nicht, weil das Model sie nicht hören will, sondern weil das Erzählen allles wieder aufwühlen würde. Also geht es um Fußball, um die Schule, seinen Alltag im irakischen Flüchtlingscamp. Ein Unicef-Mitarbeiter hatte Padberg Abdullahs Geschichte erzählt: Der IS greift das Dorf an, in dem der Junge mit seiner Familie lebt, bringt alle Regierungsmitarbeiter um. Abdullahs Vater, ein Polizist, versteckt sich. Der IS droht Abdullah damit, ihn umzubringen, wenn er nicht den Aufenthaltsort seines Vaters verrät. Abdullah hat Angst und gibt das Versteck seines Papas preis. Die IS-Miliz schneidet dem Mann die Kehle durch. Und damit beginnt das Leiden des kleinen Abdullah. TopModel Eva Padberg (37) hat den Elfjährigen 2016 bei einer Reise für das Kinderhilfswerk Unicef im Flücht- lingscamp im Irak getroffen. Abdullahs Geschichte hat sie durchgeschüttelt. Dabei ist Padberg längst keine Unicef-Anfängerin mehr: Sie engagiert sich schon seit elf Jahren für die Organisation, seit 2012 ist sie offiziell Botschafterin. In dieser Funktion kam Padberg am Samstag nach Neuss zur 3. Unicef-Gala im Swissotel, um Geld zu sammeln für das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen.
Unicef setzt auf die Prominenz, die sich Padberg in fast zwei Jahrzehnten im Geschäft erarbeitet hat. Padberg, 1980 in Thüringen geboren und dort aufgewachsen, modelt seit 1998 professionell und gehört immer noch zu den Top-Models Deutschlands. Sie hatte bereits eine eigene Fernsehshow, hat schon mit bekannten Fotografen wie Ellen von Unwerth gearbeitet, ist für Ralph Lauren, Hugo Boss und Calvin Klein gelaufen. „Durchs Modeln bin ich zum Reisen gekommen und habe in Indien das erste Mal Straßenkinder und die Schere zwischen Arm und Reich gesehen“, sagt Padberg. Sie ist erst vor wenigen Minuten aus dem Flieger gekommen und sitzt jetzt, kurz vor der Unicef-Gala, ungeschminkt in der Bar des Hotels. Gleich muss sie los, hoch ins Zimmer. Umziehen, schminken, das Kleid, das sie in Berlin extra noch einmal geplättet hat für diese Gala, muss noch einmal entknittert werden. Passen Glitzerglitzerwelt und soziales Engagement überhaupt zusammen? „Dieser Model-Job macht einen sehr weitsichtig, wenn man nicht mit Scheuklappen durch die Welt geht.“
Die kann sie sich bei Unicef aber ohnehin nicht leisten. Aufmerksamkeit ist wichtig, Menschenkenntnis ist wichtig. „Was kann ich die Menschen fragen und was nicht, darüber mache ich mir Gedanken“, sagt Padberg. Schließlich hat sie es, wie im Fall von Abdullah, häufig mit traumatisierten Menschen zu tun. Mit den falschen Fragen würde sie vielleicht die schwierige Heilung der Psyche gefährden.
Padberg ist vorsichtig, lernt durch Beobachtung der Unicef-Kollegen. Durch viele Gespräche. Der Trupp, mit dem sie in Ruanda, auf den Philippinen oder in Kambodscha unterwegs ist, besteht aus Experten – für Gesundheit oder Wasser oder Bildung, Psychologen sind dabei. Sie hat sich nie gefragt, ob sie das wirklich weitermachen möchte, ob das nicht doch zu hart ist, ob ihr die Schicksale zu sehr ans Herz gehen. „Ich habe mich für dieses Engagement entschieden, jetzt mache ich das. Und dieser Unicef-Job ist etwas, das ich nicht vermasseln möchte“, sagt sie.
Prominenten, die sich sozial engagieren, wird oft vorgeworfen, das nur aus Image-Gründen zu tun. Das Ding ist: Padberg hat kein ImageProblem – sie wirkt weder in den Medien noch in der Wirklichkeit exaltiert oder abgehoben, sie hat – trotz des schon ein wenig fortgeschrittenen Alters – Erfolg in ihrem Job. Vielleicht ist es doch simpel: „Mir geht es gut, ich habe alles, was ich brauche, und ich kann meine Bekanntheit dazu nutzen, um zu helfen“, sagt sie.
Padberg will den Menschen dabei nicht dauerbetroffen begegnen. „Ich bin dort schließlich zu Besuch, das ist deren Leben“, sagt sie. Alles andere wäre respektlos. Sie will eine wirkliche Begegnung und keinen Zoobesuch. „Außerdem haben wir ja auch einen Job zu erledigen – wir wollen helfen.“Und der Punkt am Ende dieses Satzes ist sehr laut.
Die Herzlichkeit der Menschen haut sie auf ihren Reisen zu den Unicef-Projekten dennoch immer wieder um. Als würde man sich ewig kennen, sagt sie. Denen ist es völlig egal, dass Padberg daheim in Deutschland bekannt ist und was ihre eigentliche Arbeit ist und welche Promis sie in ihren Handy-Kontakten hat. In Ruanda hat sie ein paar Mädchen versucht zu erklären, was Modeln bedeutet. „Sie haben es nicht verstanden. Also hab ich es ihnen vorgemacht und einen Laufsteg nachgespielt – im Sand, mit Gummistiefeln an den Füßen“, sagt Padberg. Die Mädchen haben gelacht und Padberg mit.
Verstanden haben die Mädchen dennoch nicht, womit die Frau aus der ganz anderen Welt ihr Geld verdient.
„Dieser Model-Job macht einen sehr weitsichtig, wenn man nicht mit Scheuklappen durch
die Welt geht“
„Mir geht es gut, ich habe alles, was ich brauche, und ich kann meine Bekanntheit dazu nut
zen, um zu helfen“