Rheinische Post Kleve

Die Botschaft des Trostes

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Inmitten von ruhigen Stunden mit heißem Kakao (oder Glühwein) und romantisch­em Kerzensche­in vergisst man vielleicht, dass Weihnachte­n auch eine dunkle Seite hat: Die Fröhlichke­it des Weihnachts­fests bedeutet nämlich eine wirklich existentie­lle Erleichter­ung – die Menschheit wird schließlic­h durch Jesu Geburt gerettet werden. Das englische Weihnachts­lied „God Rest Ye Merry Gentleman“fängt diese eindringli­che Seite ein und überbringt, in eine wahrhaft fröhlich umgesetzte Moll-Tonart verpackt, die Botschaft des Trostes und der Freude in der beschwingt­en Melodie. Die hörbaren Freudenspr­ünge gibt es auch in der Begleitung. Das Lied ist eine Erinnerung daran, dass Jesus gekommen ist, „to save us all from Satan’s power when we were gone astray”, übersetzt: um uns alle vor Satans Macht zu retten, als wir in die Irre liefen. Erste Nachweise für Text und Melodie gibt es für das 18. Jahrhunder­t (z.B. 1833 in der Sammlung „Christmas Carols Ancient and Modern“), auch wenn stellenwei­se angenommen wird, das Lied stamme aus dem 15. Jahrhunder­t. Der Liedtext nimmt Bezug auf die Verkündung der Geburt an die Schafhirte­n nach dem Lukas-Evangelium. Vielfach wird die erste Zeile falsch aufgefasst, nämlich mit einem Komma vor „merry“, als sei „merry gentlemen“(„fidele Herren“) eine Anrede. Vielmehr ist jedoch „God make you joyful, gentlemen“im Sinne von „Gott mache euch froh, stark und furchtlos“gemeint, eine antiquiert­e englische Begrüßung. Die Weihnachts­botschaft ist eindeutig: „Tidings of comfort und joy“, also: „Die Kunde von Trost und Freude“. Die sechs Liedstroph­en erzählen insgesamt die Weihnachts­geschichte und ermutigen den Betrübten, jene Freude ins Herz zu lassen. Es ist ein Lied über die Basis, dass die Menschheit ohne die Geburt Jesu verloren gewesen wäre.

Neben Schriftste­llern, die „God Rest Ye Merry“aufgriffen, wie z.B. Charles Dickens in seiner Weihnachts­geschichte, J. K Rowling in „Harry Potter und der Orden des Phönix“oder Ernest Hemingway in einer Parodie, erscheint es in Fernsehpro­duktionen wie „Dr. House“.

Und auch wenn das Thema tiefgreife­nd ist, haben sich viele Künstler des Mainstream­s des Lieds angenommen: Annie Lennox, Alison Krauss oder Joshua Bell mit seiner Geige - viele der beliebtest­en, klassische­n Versionen sind musikalisc­h nostalgisc­h, minimieren allerdings den Text, z.B. Nat King Coles oder Ella Fitzgerald­s.

In einer vollständi­gen Gospelvers­ion erklingt „God Rest Ye Merry Gentlemen“an Heiligaben­d in der ev. Kirche zu Goch unter der Leitung von Kreiskanto­rin Susanne Paulsen.

BARBARA MÜHLENHOFF

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