Bitte dämmt die „quasi“-Seuche ein
In mancher Gesellschaft habe ich leise in mich hineingeweint, andernorts vorsichtig gemahnt und am Arbeitsplatz sogar Strichliste geführt. Als es ein Kollege binnen vier Tagen dann auf mehr als zwanzig Verwendungen dieses Unwortes brachte, zerbrach etwas in mir. Denn was „quasi“zuviel ist, ist nun mal nicht „quasi“, sondern eindeutig zuviel!
„Qua-si“stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „als wenn“, „als ob“oder „gleichsam“. Aus grammatikalischer Sicht wird es mehrheitlich als Adverb verwendet, aus Sprachhüter-Sicht schlicht zu oft. Weil es so ein bequemes Wort ist, das die inhaltliche Ungenauigkeit einer Aussage mit pseudo-kulturellem, altrömisch getarntem Charme kaschiert. Beispiele gefällig?
Es hat so geregnet, da sind wir „quasi“nach Hause gerannt.
Die Veranstaltung war „quasi“der Einstieg in die Detailplanung.
Der FC Bayern München ist „quasi“jetzt schon Meister.
Stets bleibt der Zuhörer über die Fakten im Unklaren. Sind sie gerannt, oder nicht? War sie der Einstieg, oder nicht? Kann sogar Gladbach noch den Titel holen, oder nicht? Stets verunreinigt der sich seuchenartig verbreitende Zusatz den Kommunikationsfluss.
Erfahrungsgemäß können mehr als 90 Prozent aller „Quasis“ersatzlos gestrichen werden, wenn auch nur halbwegs darüber nachgedacht wird, was man da sagt. Also bitte, meine lieben Sprach-Quasimodos, lasst es sein.
MICHAEL BAERS