Deutsche Handballer stehen vor EM-Aus
Gegen Dänemark kassierte das deutsche Nationalteam seine erste Niederlage (25:26). Nun droht dem Titelverteidiger das Aus.
VARAZDIN Casper Mortensen hatte den Torschrei schon auf den Lippen, da Andreas Wolff sein Tor verlassen hatte, als Rune Dahmke angeflogen kam und den Handball noch ins Aus beförderte. Der Kieler, vor diesem Spiel erst nachnominiert, verhinderte zwei Minuten vor Schluss das 23:26. Die Hoffnung lebte, dass es im EM-Hauptrundenspiel in Varazdin gegen Dänemark vielleicht doch noch ein Happy End geben würde. Doch dies blieb aus.
Am Ende von 60 sehr intensiven Spielminuten, in denen vor allem vor der Pause (9:8 für Deutschland) beide Abwehrreihen mit vollem Körpereinsatz verhinderten, dass die Kreativität der Angreifer Früchte trug, gewann der Olympiasieger glücklich, aber verdient (26:25). Der Weg ins Halbfinale ist für die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) nicht einfacher geworden. „Im Moment ist die Enttäuschung größer als die Hoffnung“, sagte Bundestrainer Christian Pokop. Bob Hanning, Vizepräsident des DHB stellte fest: „Das Ergebnis passt nicht zum Spiel.“Am Mittwoch (20.30 Uhr) steht für den Titelverteidiger noch die abschließende Hauptrundenpartie gegen Spanien an. Dann vielleicht ohne Paul Drux. Der Berliner verletzte sich am Knie.
„Was das Spielerische angeht, haben wir gewonnen. Aber dafür können wir uns nichts kaufen“, sagte Julius Kühn. In den zurückliegenden Spielen gegen Mazedonien und Tschechien hatte der Rückraumakteur nur neun Minuten gespielt. Vergeblich hatten Trainer und Teamkollegen auf Kühn gehofft, der in der Liga für Furore sorgt. Gestern nun legte der 1,98-Meter-Mann los. Mutig, auch von einigen Fehlversuchen nicht entnervt, traf er sechsmal. Gut war auch die Torausbeute von Steffen Weinhold, der seinen Kieler Teamgefährten Niklas Landin fünfmal überwand.
Eine überzeugende Leistung zeigte Nachrücker Dahmke. „Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass wir es packen können“, sagte der Linksaußen. Er stand 43 Minuten auf dem Feld, erzielte vier Tore, glänzte mit seiner Flugeinlage und stellte Uwe Gensheimer in den Schatten. Auch dieses Spiel gehört nicht in die Kategorie der überzeugenden Auftritte des in Paris aktiven Profis.
Man kennt sich. Immerhin 27 der 32 Spieler verdienen ihr Geld in der Bundesliga. „Der Schlüssel zum Sieg der Dänen war der siebte Feldspieler“, sagte Bundestrainer Prokop und ergänzte. „Wir haben ein paar leichte Fehler zu viel gemacht.“Einsatzbereitschaft, Leidenschaft, Wille – Grundvoraussetzungen für einen Profi, stimmten. Doch der Lohn für engagierte Arbeit blieb aus. Wie zuvor gegen Tschechien wechselte Prokop in der Schlussphase den Torhüter. Diesmal ging Silvio Heinevetter beim Stand von 19:20 für den nicht schlechten Andreas Wolff ins Tor. Es klappte nicht. Der Berliner hielt keinen Ball, musste beim Stand von 21:24 wieder raus.
Ein wichtiger Baustein für den Dänen-Sieg war die Wandlung von Mikkel Hansen. Der Ex-Welthandballer, in Paris in den Schatten des Norwegers Sander Sagosen geraten, legte in der zweiten Halbzeit los. Nach zwei Fahrkarten vor der Pause traf er noch fünfmal und war neben Hans Lindberg (neun Tore) der auffälligste Däne. Das Duell der Kieler Torhüter (Wolff/Landin) endete unentschieden.
Zehn Minuten brauchten die deutschen Profis für den ersten Treffer. Uwe Gensheimer traf zum 1:2, Julius Kühn legte 21 Sekunden später mit dem 2:2 nach. Es war der Auftakt zu einem Abnutzungskampf, in dem für einfache Tore durch Tempogegenstöße wenig Platz war und in dem auch Profis zeigten, dass es nicht so einfach ist, über 30 Meter ins leere Tor zu treffen. Landin und Wolff scheiterten zunächst, allerdings erzielte der DHB-Schlussmann dann den Treffer zum 23:24. Am Ende schleppten sich die Spieler von Christian Prokop zurück in die Kabine, enttäuscht und ohne jegliche Körperspannung. Der Frust und das nahe EM-Aus taten zu weh.