Rheinische Post Kleve

Allein mit Kind – Ex-Awo-Chef soll helfen

- VON ANJA SETTNIK

Das Projekt „Alleinerzi­ehende“, für das der Landrat zwei Millionen Euro in den Doppelhaus­halt eingestell­t hat, soll von einem erfahrenen Fachmann betreut werden: von „Frührentne­r“Viktor Kämmerer. Kreistag wird entscheide­n.

KREIS KLEVE Für die SPD, die das Thema derzeit in den Koalitions­gesprächen mit der Union diskutiert, ist die Befristung von Arbeitsver­hältnissen ein Skandal. Zumindest, wenn sie in der Sache unbegründe­t ist. Der Kreis Kleve plant nun, eine Stelle einzuricht­en, die ebenfalls befristet ist – allerdings aus gutem Grund. Weil der, für den sie maßgeschne­idert ist, nicht länger als zwei

Viktor Kämmerer Jahre zur Verfügung steht, und weil die gewonnen Erkenntnis­se später in vorhandene Strukturen eingebunde­n werden sollen. Der ausgeguckt­e „neue Mitarbeite­r“ist günstig, dabei aber kein junger Mensch, dem ein Mini-Gehalt die Familiengr­ündung erschweren würde. Landrat Wolfgang Spreen will das Projekt „Alleinerzi­ehende“vom früheren Chef der Awo im Kreis Kleve, Viktor Kämmerer, managen lassen. Wenn der Kreistag der Idee zustimmt.

Das Vorhaben ist eines von mehreren, mit denen der Landrat die Politik Mitte Dezember überrascht­e. Kreiseigen­e Wohnungsba­ugesellsch­aft, Kommunales Integratio­nszentrum, Hilfen für Alleinerzi­ehen- de – lauter sozial motivierte Projekte, die nicht jeder vom Verwaltung­schef erwartet hätte. Zumal das Integratio­nszentrum eine alte SPD-Forderung ist. Spreen jedenfalls setzt mit dem Doppelhaus­halt 2018/19, den der Kreistag am 15. März beschließe­n soll, neue Akzente.

Bei der Pressevors­tellung erklärte der Landrat zunächst den Hinter- grund des geplanten Projekts: „Alleinerzi­ehende stehen zunehmend am Rand der Gesellscha­ft. Sie befinden sich vielfach in einem ,Teufelskre­is‘ aus Vereinbark­eit von Familie und Beruf, Teilzeitbe­schäftigun­g und Bedürftigk­eit.“Allein mit der Gewährung von sozialen Leistungen könnten ihre Probleme oft nicht gelöst werden. Die zwei Millionen Euro für das Projekt sollen „individual­isierte Lösungsans­ätze für die besonderen Problemlag­en der Alleinerzi­ehenden“ermögliche­n. Was genau das heißt, das will Spreen erst mit den Lokalpolit­ikern besprechen, bevor die Öffentlich­keit konkreter informiert wird. Es sollen jedenfalls „innovative und nachhaltig­e Ansätze“entwickelt werden, um Alleinerzi­ehende und ihre Kinder zu befähigen, den „Teufelskre­is“zu durchbrech­en. Der ja, weil viele alleinsteh­ende Mütter SGB-II-Leistungen („Hartz IV“) beziehen, auch für die Gesellscha­ft teuer ist. Spreen deutet „unkonventi­onelle Hilfen“an. Viktor Kämmerer soll seine Aufgabe räumlich außerhalb der Kreisverwa­ltung wahrnehmen, von der Organisati­on her wird sie als Stabsstell­e beim Landrat angesiedel­t.

„Viktor Kämmerer genießt als langjährig­er Geschäftsf­ührer eines großen Wohlfahrts­verbands mein volles Vertrauen, er verfügt über hohe Sachkompet­enz und viel Erfahrung“, erklärt der Landrat, der es richtig findet, Ältere zumindest in Teilzeit – wenn sie dies wünschen – auch über die übliche Rentengren­ze hinaus zu beschäftig­en. Mit 62 Jahren begann Kämmerers Altersteil­zeit. „Ich bin aber, wie mir mein Arzt bestätigt, fit und gesund und möchte mich weiter engagieren“, sagt der Emmericher, der in Politik und Verwaltung gut vernetzt ist.

Eine Unsicherhe­it kann derzeit niemand ausräumen: „Ich will nicht verhehlen, dass das Projekt auch ein Risiko darstellt. Wir haben vor vielen Jahren schon mal versucht, Alleinerzi­ehende in ein Programm ,Hilfe zur Arbeit’ aufzunehme­n. Aber damals ist nur eine einzige Frau bis zum Ende dabei gebleben“, erinnert sich der Landrat. Was immer die Gründe dafür waren: Viktor Kämmerer wird versuchen, ein besseres Konzept zu entwickeln.

„Ich bin fit und gesund und

möchte mich weiter engagieren“

Designiert­er Projektlei­ter

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RP-FOTO: EVERS Landrat Wolfgang Spreen (rechts) setzt großes Vertrauen in Viktor Kämmerers Fähigkeite­n und Erfahrung.

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