KULTURTIPPS
Reportagen aus der englischen Hauptstadt
Sachbuch Annette Dittert hat jahrelang für die ARD ziemlich schöne Berichte aus der britischen Hauptstadt geliefert. Der Ton ihrer Beiträge passte sehr gut zu den Schrullen der Leute auf der Insel, und Ditterts warmer und mitunter leicht spöttischer Stimme begegnet man nun in dem Buch „London Calling“wieder, in dem sie über ihre Liebe zur Heimat von Paddington, Marmite und den Beatles schreibt. Sie erzählt von ihrem bordeauxroten Hausboot Emilia, das viele aus dem VideoBlog kennen dürften, den Dittert bei tagesschau.de führte. Der Band versammelt zudem Essays über Themen wie Prince Charles, das Eastend und Gespenster. Es geht um Landausflüge, das Nacktsein und komische Bräuche. Und natürlich denkt Dittert über den Brexit nach. Auch für Dittert hat sich seit der Brexit-Entscheidung viel verändert. London fühlt sich jetzt anders an. „Aber noch wird der Anker nicht gelichtet“, schreibt sie. Für die Leser ist das gut. hols Aufnahme von Sigiswald Kuijken und Gustav Leonhardt wegen ihrer Frische und Spritzigkeit als mustergültig, jetzt hat sie eine hinreißende Alternative bekommen. Faust und Bezuidenhout beherrschen die Kunst der Artistik mit drei Stimmen (das Cembalo ist fast immer zweistimmig arrangiert), zugleich schließen die Musiker den Hörern den Tiefsinn der Musik beispielhaft auf.
Ebenfalls bei der Harmonia Mundi ist fast zeitgleich eine neue Einspielung von Franz Schuberts „Winterreise“erschienen, die der Tenor Mark Padmore und Bezuidenhout, nun an einem historischen Graf-Fortepiano, gemeinsam gestalten. Padmore ist ein sehr souveräner Gestalter, der seinen Schubert vor jedwedem Kitsch bewahrt. Mit Empathie und doch größter Kontrolle geht sein singendes lyrisches Ich einem Horizont entgegen, hinter dem spürbar ein Abgrund wartet. Und Bezuidenhout? Der begleitet natürlich sensationell. Auch sein Spiel singt. Wolfram Goertz