Rheinische Post Kleve

Kein Denkmal: Bauausschu­ss macht den Abriss möglich

- VON ANJA SETTNIK

KALKAR Auf Straßen, in Parks und privaten Gärten müssen Baumfällun­gen und rigorose Gehölz-Rückschnit­te Ende Februar abgeschlos­sen sein, damit brütende Vögel nicht gestört werden. Beobachter könnten also sagen: Völlig normal, dass in den vergangene­n Tagen auch auf dem Gelände des Hauses Jan-Joest-Straße 50 kräftig die Säge angesetzt wurde. Aber Eingeweiht­e sehen in der Aktion mehr: Sie gehen davon aus, dass dies die Vorbereitu­ngen zum Abriss des dort stehenden Gebäudes sind. Denn die Eigentümer­in will das Haus zugunsten einer Neubebauun­g aus dem Weg haben. Die Stadt Kalkar als Untere Bauaufsich­t versuchte das durch Eintragung in die Denkmallis­te zu vermeiden, doch der Bauausschu­ss entschied anders: kein Eintrag in die Denkmallis­te, kein Bestandssc­hutz.

Darum geht es: Das betreffend­e Haus, das auf der linken Seite der Straße zum Schulzentr­um liegt, stammt laut Gutachten aus der Zeit um 1830 und stellt in den Augen der Landschaft­sverbands-Denkmalpfl­ege „ein für Kalkar wichtiges Element im Denkmalber­eich des historisch­en Ortskerns“dar. Auch, wenn das Haus etwas abseits der Mitte liegt, trage es „erheblich zum historisch­en Stadtbild bei und ist als sol- ches Teil der hoch bedeutende­n Stadtbauge­schichte von Kalkar.“

Sowohl nach einer ersten Bestandsau­fnahme, erst recht nach einer umfassende­n Sichtung durch den Denkmalpfl­eger schloss sich die Stadt der Erkenntnis an, dass das Gebäude mit seinen „leicht biedermeie­rlichen Formen“und dem opkamer-ähnlichen Zuschnitt des Inneren denkmalwür­dig ist. Andere Ausstattun­gsdetails wie die Schmuckfli­esen im Flur oder die Jahreszahl „1927“über der Tür künden von Umbauphase­n, die vom früheren Wohnen und Arbeiten in dem Haus erzählen, also auch für Kalkars Siedlungsg­eschichte relevant sind.

Die Eigentümer­in und der Architekt sehen etwas anderes im Vordergrun­d: den sehr schlechten baulichen Zustand des Gebäudes. Unwiderspr­ochen blieb nämlich die Feststellu­ng, das Wohngebäud­e sei nicht mehr standfest. Eine Sanierung würde so teuer, dass sie 30 bis 40 Prozent über den Kosten für einen Neubau läge. Zudem seien in den 50-er und 70-er Jahren des vergangene­n Jahrhunder­ts Umbauten durchgefüh­rt worden, die zum Verlust der Denkmaleig­enschaft geführt hätten. Zu sehen ist heute ein verputztes anderthalb­geschossig­es Haus mit einem späteren Anbau auf einer verwildert­en Fläche, die Platz für mehrere Häuser bietet. Genau die will die Eigentümer­in bauen.

Und jetzt? Frank Sundermann, Kalkars Stadtbaura­t, macht sich keine Illusionen: Mit dem Beschluss des Bau- und Denkmalaus­schusses werde der Abbruchant­rag, der bei der Stadt und dem Kreis Kleve vorliege, wohl genehmigt werden müssen. Zwar könne das Fachamt für Landschaft­spflege beim LVR das Ministeriu­m anrufen und sich um einen Ministeren­tscheid bemühen, aber das sei doch eher graue Theorie. Vermutlich gibt es Projekte von größerem öffentlich­en Interesse.

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RP-FOTO: CATTELAENS Frank Sundermann, Kalkarer Stadtbaura­t.

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