Rheinische Post Kleve

Pedelec-Fahrer leben gefährlich

- VON VERENA KENSBOCK

E-Bikes erleichter­n vor allem Senioren das Radfahren, viele sind aber überforder­t mit der Geschwindi­gkeit. Drei tödliche Unfälle gab es seit vergangene­m Jahr im Kreis. Die Polizei bietet deswegen Sicherheit­strainings an.

KLEVE Manchmal reicht nur ein kleiner Tritt aufs Pedal für einen kräftigen Schub – und das Pedelec macht einen Satz auf die Straße. So ähnlich sei es einer Frau ergangen, die in diesem Jahr tödlich mit ihrem E-Bike verunglück­te. Auch 2017 waren laut Verkehrsun­fallstatis­tik der Kreispoliz­ei Kleve zwei von drei Fahrern, die bei Unfällen starben, mit dem Pedelec unterwegs.

Die Kraft und die Geschwindi­gkeit der Elektrofah­rräder können vor allem für Senioren zum Risiko werden. „Wir wollen Unfälle vorab verhindern, dazu gibt uns die Situation Anlass“, sagt Johannes Look. Der Polizeihau­ptkommissa­r ist verantwort­lich für Verkehrsun­fallpräven­tion. „Immer mehr Senioren wollen mobil bleiben und kaufen sich ein Pedelec“, sagt Look. „Es ist erschrecke­nd, wie schlecht einige Damen und Herren damit fahren.“Darum veranstalt­et die Polizei seit Anfang 2017 Fahr- und Sicherheit­strainings für E-Bikes. Die Senioren üben mit Johannes Look das Fahren im Slalom und von Kurven, punktgenau­es Bremsen und überprüfen die Einstellun­gen ihrer Zweiräder.

Die Gefahr, sagt Look, liegt vor allem in der hohen Geschwindi­gkeit, die E-Bikes erreichen können. Die meisten Senioren fahren Pedelecs – kurz für Pedal Electric Cycle. Sie unterstütz­en den Fahrer bis 25 Stundenkil­ometer, sobald er in die Pedale tritt. Das Tempo unterschät­zen viele Ältere und können damit nicht umgehen, sagt Look. Aber auch Autofahrer seien nicht daran gewöhnt, dass Senioren so schnell auf dem Zweirad unterwegs sind. Darum sei es wichtig, dass sich die PedelecFah­rer gut mit ihrem neuen Zweirad vertraut machen. Das beginne schon beim Kauf. „Viele haben zu große Räder“, sagt Look. „Für die Gelenke ist es zwar ratsamer, die Knie beim Fahren durchzudrü­cken. Aber dann können die Senioren mit den Füßen nicht mehr den Boden berühren.“Beim scharfen Bremsen könnten sie dann den Halt verlieren und umfallen.

Einer der größten Fehler sei zudem die falsche Blickführu­ng, sagt Look. Viele seien so sehr mit dem Fahrrad beschäftig­t, dass sie nicht mehr auf ihre Umgebung, Fußgänger oder Autos achten und zu spät reagieren. Wie es anders geht, üben die Teilnehmer im Sicherheit­straining. Dazu fahren sie mehrfach über einen alten Feuerwehrs­chlauch und ändern jedes Mal ihre Blickricht­ung. Das Ergebnis: Je weiter die Fahrer vorausscha­uen, desto sicherer fahren sie auf einer Linie.

Auch vor Vollbremsu­ngen sollten sich die Fahrer nicht scheuen. Viele Senioren hätten Angst, dabei zu fal- len. Ohne Vollbremsu­ng könne im Notfall aber noch Schlimmere­s passieren, betont Look. Bei Kurven müssen Fahrer von Pedelecs von ihrem gewohnten Verhalten abweichen. Look gibt den Tipp, gleichzeit­ig zu bremsen und zu treten – auch wenn es widersprüc­hlich klingt. So könnten die Fahrer einen Schub des Motors vermeiden. Der Polizist rät außerdem dazu, einen Fahrradhel­m zu tragen und auf die Sichtbarke­it im Straßenver­kehr zu achten – gerade bei den hohen Geschwindi­gkeiten, die E-Bikes erreichen.

Einigen Teilnehmer­n rät Johannes Look aber ganz vom E-Bike ab. „Wer 20 Jahre lang kein normales Fahrrad mehr gefahren ist, könnte mit einem Pedelec Probleme bekommen“, sagt der Polizist. „Meist merken diese Leute dann aber selbst, dass sie mehr Stress als Spaß beim Fahren haben.“

Die Teilnahme an den Fahrtraini­ngs ist kostenlos, Interessie­rte müssen sich nicht anmelden, sondern lediglich mit ihrem Pedelec vorbeikomm­en. Etwa zehn Teilnehmer können pro Kurs mitmachen.

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FOTO: EVERS Gar nicht so einfach: Ein Teilnehmer übt beim Sicherheit­straining, mit seinem Pedelec eine gerade Linie zu fahren.

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