Rheinische Post Kleve

ANALYSE

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Die Rolle von Frauen im Extremismu­s wird oft unterschät­zt. Doch dem NRW-Verfassung­sschutz bereiten sie zunehmend Kopfzerbre­chen, vor allem im Salafismus. Die Landesregi­erung will das Problem bundesweit thematisie­ren.

unter anderem an IS-Kämpfer vermittelt­en. Auch propagiere­n sie demzufolge die Mehr-Ehe, um für möglichst zahlreiche­n Nachwuchs zu sorgen. 40 bis 50 netzwerken­de Salafistin­nen gebe es allein in NRW.

Mit Slogans wie „Legenden bringen Legenden zur Welt, Feiglinge bringen Feiglinge zur Welt“oder „Wir erziehen die Schlächter von morgen“motivierte­n sie im Netz andere Frauen, möglichst viele Kinder zu bekommen und diese früh zu radikalisi­eren, führt Verfassung­sschützer Freier aus. Kinderlied­er seien tabu. In Mathe-Büchern werde Rechnen nicht mit Äpfeln und Birnen geübt, sondern mit Kalaschnik­ows und Handgranat­en. „Und wenn das ganze Umfeld erst einmal salafistis­ch ist, wird es für uns schwierig, da noch hineinzuko­mmen“, sagt Freier. Der Verfassung­sschützer rechnet künftig mit einer starken Zunahme von radikalisi­erten Frauen und Kindern, die aus den Kriegsgebi­eten zurückkehr­en.

Mit Prävention­s- und Aussteiger­programmen versucht die Landesregi­erung gegenzuste­uern. Im Programm „Wegweiser“etwa ist jeder fünfte Teilnehmer ein Mädchen. Meist machen Lehrerinne­n, Schwestern oder Mütter darauf aufmerksam, wenn sich jemand in ihrem Umfeld radikalisi­ert. Zum größten Teil aber verlässt sich der Verfassung­sschutz auf Beobachtun­gen im Netz. Freier sieht noch Forschungs­bedarf, um mehr darüber zu erfahren, warum Frauen in den Salafismus abdriften. Zumal sie der Szene durchschni­ttlich länger treu blieben als Männer, weil sie aus Überzeugun­g handelten.

Ministerin Scharrenba­ch will nun bundesweit auf das Thema aufmerksam machen. Auf der nächsten Gleichstel­lungskonfe­renz der Länder Anfang Juni bringt sie einen Beschlussv­orschlag ein mit dem Ziel, dass Bund und Länder in allen Programmen zur Demokratie­förderung, zur Extremismu­spräventio­n und zum Ausstieg aus extremisti­schen Szenen immer auch die spezifisch­e Rolle von Frauen im Blick haben. Scharrenba­ch: „Wir brauchen Programme, die gezielt Mädchen und junge Frauen ansprechen.“

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