Ein mutiges Signal für die Pflege
Im Regierungsviertel ist angekommen, dass es in Pflegeheimen und Kliniken einen dramatischen Mangel an Fachpersonal für die Pflege gibt. Die geplanten Gegenmaßnahmen sind aber halbherzig. Wo sollen 8000 neue Pflegekräfte herkommen, wenn die Heime heute schon ihre vorhandenen Stellen nicht besetzen können?
Mit seinem Vorschlag, Pflegekräfte mit attraktiven Geldprämien zurück in den Job zu locken oder zur Aufstockung der Arbeitszeit zu bewegen, zieht der Pflegebeauftragte der Bundesregierung quasi die Notbremse. Derzeit dreht sich beim Personal eine Abwärtsspirale: Wegen hoher Arbeitsbelastung und psychischen Drucks verlassen mehr ausgebildete Fachkräfte den Job, reduzieren die Arbeitszeit oder müssen sich krankschreiben lassen. Dies wiederum erhöht den Druck auf das verbleibende Personal.
Eine Geld-Prämie ist anfällig für Missbrauch und Mitnahmeeffekte. Sie wäre aber angesichts des Pflegenotstands ein wirksames Signal. Die Prämie bietet die Chance, freie Stellen rasch zu besetzen und so die Situation für die anderen Pflegekräfte zu verbessern. Auch die Idee, den Pflegeberuf durch eine differenzierte Ausbildung vom Assistenten bis zum akademischen Master aufzuwerten, ist zukunftsweisend. BERICHT 5000 EURO PRÄMIE SOLLEN PFLEGER . . ., TITELSEITE
Kalkulierte Provokation
Der Ordnungsruf gegen AfD-Fraktionschefin Alice Weidel war von dieser wohl kalkuliert. Nach der Sitzung warb sie damit sogar um mehr Kundschaft für ihre Präsenz im Internet. „Kopftuchmädchen“, „alimentierte Messermänner“und „sonstige Taugenichtse“in einen Satz zu rühren, hatte zuvor im Bundestag zu den provozierten Buhrufen geführt bis hin zum „Sie sollten sich schämen!“aus dem Mund von Unionsfraktionschef Volker Kauder.
Die Kanzlerin war zuvor der Linie treu geblieben, gar nicht darauf einzugehen und die verbalen Knalleffekte der AfD einfach verpuffen zu lassen. Denn die Reaktionen sind stets die gleichen, wie AfD-Chef Alexander Gauland freimütig einräumte: Attacken auf die AfD brächten der AfD Stimmen, nicht den anderen. Gleichwohl gibt es einen Unterschied zu früheren Entgleisungen, als die Parlamentarier in der Regel sich selbst angingen. Die AfD hingegen erniedrigt ganze Personengruppen. Das entspricht einer Verwahrlosung in Gesellschaft und Politik und nutzt nur den Scharfmachern, nicht dem Lösen von Problemen. BERICHT ORDNUNGSRUF FÜR AFD-FRAKTIONSCHEFIN, TITELSEITE
Mit Beigeschmack
Das ging schnell. Bis März war Sigmar Gabriel Außenminister, nun ist er als Verwaltungsrat für die Zug-Allianz von Siemens und Alstom nominiert. Formal verhält Gabriel sich korrekt, die Regeln sehen eine Karenz von einem Jahr vor, und Gabriel wird erst 2019 antreten. Grundsätzlich ist berufliche Mobilität sogar wünschenswert. Nur wenn es für Politiker a.D. kein Berufsverbot gibt, werden Unternehmer bereit sein, in die Politik zu wechseln.
Doch ein Beigeschmack bleibt. Gabriel hatte sich als Wirtschaftsminister für eine Fusion von SiemensAlstom-Töchtern stark gemacht und mit Paris versucht, diese gegen einen US-Angreifer durchzusetzen. Dass Gabriel nun einen gut dotierten Posten erhält, wirkt wie eine nachträgliche Belohnung. So macht er sich angreifbar. Erst recht, da er als SPDChef gerne die moralische Karte spielte. „Gier, Frechheit, Betrug dürfen sich nicht mehr lohnen“, sagte er Richtung Banker. Acht Wochen nach dem Ausstieg aus der Politik den nächsten Job in einem Unternehmen klarzumachen, das noch nicht mal grünes Licht des Kartellamts hat, ist unsensibel. Chance vertan. BERICHT: