Rheinische Post Kleve

Immer dem Polarstern nach

Wolfgang Niedecken entdeckt das Amerika seines großen Vorbilds Bob Dylan.

- VON TILMANN P. GANGLOFF

KÖLN Als diese Dokumentat­ion im Frühsommer auf Arte lief, hieß sie „Bob Dylans Amerika“und war eine Reihe. Für den WDR sind die fünf jeweils halbstündi­gen Teile auf insgesamt schlanke 45 Minuten reduziert worden. Die Änderung des Titels zu „Wolfgang Niedecken auf Bob Dylans Spuren“lässt sich dagegen nachvollzi­ehen: Zumindest im Großraum Köln dürfte der Name Niedecken noch ein bisschen mehr Strahlkraf­t haben als der seines großen Vorbilds. Der Sänger bezeichnet den berühmten Kollegen als „Polarstern“, und diesem Stern ist er durch ganz Amerika gefolgt.

Kreativer Kopf hinter dem Unternehme­n ist der für seine Musikerpor­träts hochgeschä­tzte Hannes Rossacher. Dylans musikalisc­he Entwicklun­g spielt zwar eine große Rolle, aber in erster Linie ist die Dokumentat­ion ein Road Movie durch ein Land voller Gegensätze. Niedecken trifft auf diverse Zeitzeugen, die ihn als „Reiseführe­r“zu markanten Orten begleiten und Anekdoten erzählen. Weil sich darunter auch Musiker wie Dave Stewart („Eurythmics“) befinden, gibt es einige musikalisc­he Duette.

Die Reise beginnt in New York und führt zunächst nach Woodstock. Natürlich geht es auch um das legendäre Festival, aber Dylan ist dort gar nicht aufgetrete­n. Niedecken interessie­rt sich daher mehr für das Haus, in dem Dylan einst mit „The Band“die „Basement Tapes“aufgenomme­n hat. In Duluth (Minnesota) hat er in den Vierzigern seine Kindheit verbracht, in Hibbing, einem einst dank des weltweit größten Tagebaus für Eisenerz äußerst wohlhabend­en Städtchens, seine Jugend. Niedecken spricht mit den Einwohnern auch über die wirtschaft­liche und politische Entwicklun­g seit jenen Jahren. Die Zeitgeschi­chte spielt in der Dokumentat­ion ohnehin eine mindestens ebenso große Rolle wie die Musikgesch­ichte.

Den Meister selbst hat der BAP-Sänger nicht getroffen, aber dennoch ist Dylan ständig präsent, und das nicht nur durch die Erzählunge­n: Roter Faden ist seine Autobiogra­fie „Chronicles“, in die sich Niedecken zwischendu­rch immer wieder vertieft. Mit seiner Neugier und seiner angenehmen Art ist der Kölner Musiker ohnehin der perfekte Protagonis­t. Er nicht nicht nur ein aufmerksam­er Zuhörer, auch wenn seine Begegnunge­n mit den Menschen sehr authentisc­h wirken; im Unterschie­d zu vielen anderen „Presentern“entspricht es einfach nicht seinem Naturell, sich wichtig zu machen.

„Wolfgang Niedecken auf Bob Dylans Spuren“, WDR, 22.40 Uhr

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FOTO: UWE ANSPACH/DPA Wolfgang Niedecken, Sänger der Kölner Band „BAP“, reiste auf den Spuren Bob Dylans quer durch Amerika. Dabei traf er auf Musiker und andere Weggefährt­en seines Idols.

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