Rheinische Post Kleve

Vergewalti­gung in Zwangsehe: Angeklagte­r gesteht vor Gericht

- VON JENS HELMUS

KLEVE/KALKAR Weil er seine Ehefrau 2016 und 2017 mehrfach vergewalti­gt, geschlagen und getreten haben soll, muss sich ein junger Afghane seit Dienstag vor dem Klever Landgerich­t verantwort­en. Zusammen mit seiner Frau war der Angeklagte im Januar 2016 aus dem Iran nach Deutschlan­d gekommen und hatte Asyl beantragt. Seitdem lebte das Paar zunächst gemeinsam, dann räumlich getrennt in Kalkar.

Laut Anklage soll der Mann seine Ehefrau im Dezember 2016 und im Sommer 2017 unter Ausübung von Gewalt zum Geschlecht­sverkehr gezwungen haben. In drei weiteren Fällen soll er gegenüber der 21-jährigen Mutter von zwei gemeinsame­n Kindern gewalttäti­g geworden sein.

Der Angeklagte wies die Vorwürfe zunächst zurück: Er lehne alles Vorgebrach­te ab, die Anklagepun­kte müssten erstmal bewiesen werden. Nachdem der Mann Angaben zu seiner Person gemacht hatte, änderte er aber seinen Standpunkt: Die Vorwürfe würden alle stimmen. Als er damals merkte, dass die 21-Jährige ihn mit einem anderen in Kalkar lebenden Afghanen betrügt, habe er angefangen, Heroin zu konsumiere­n.

Die Wut über den Betrug und der Drogeneinf­luss hätten ihn dann zu den Übergriffe­n verleitet. Zudem habe er als Ehemann keine andere Wahl gesehen: „Ich wollte mit meiner Frau schlafen, was sollte ich denn machen? Zu den Nachbarn gehen? Sie ist nach islamische­m Recht meine Ehefrau. Mit wem hätte ich sonst schlafen sollen?“

Die Ehefrau, die anschließe­nd als Zeugin von der 7. großen Strafkamme­r verhört wurde, stellte die Partnersch­aft anders dar: Im Iran, wo die beiden großgeword­en sind, habe der Angeklagte bereits vier Monate nach der „Zwangsheir­at“– vor der man sich kaum kannte – mit dem Heroin angefangen. Auch dort habe es bereits häusliche Gewalt gegeben. Von der Auswanderu­ng nach Deutschlan­d habe sie sich eine Verbesseru­ng des Zusammenle­bens erhofft – doch der Kreislauf aus Heroin und Gewalt sei weitergega­ngen: „Wir hatten sieben oder acht Monate Ruhe, dann hat er wieder angefangen“, so die Zeugin.

Alter und Geburtsort des Angeklagte­n werden unterschie­dlich angegeben. Vor Gericht sagte er, er sei 1993 in Teheran geboren worden, aber afghanisch­er Staatsbürg­er. In einem Dokument im Zusammenha­ng mit dem Asylantrag des Mannes steht allerdings 1996 als Geburtsjah­r, Kabul als Geburtsort. Die Erklärung des Angeklagte­n: „Diese Daten habe ich damals angegeben, weil ich gehört hatte, dass man in Deutschlan­d direkt wieder abgeschobe­n wird, wenn man aus dem Iran kommt.“

Der sachverstä­ndige Psychiater Jack Kreutz konnte beim Angeklagte­n eine Heroinabhä­ngigkeit, aber keine psychische­n Erkrankung­en oder eine eingeschrä­nkte Einsichtsu­nd Steuerungs­fähigkeit feststelle­n. Der Prozess wird am Freitag um 9 Uhr fortgesetz­t.

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