Rheinische Post Kleve

Kopfschmer­z ist nicht gleich Kopfschmer­z

Heute ist Weltkopfsc­hmerztag. Christoph Baumsteige­r von der LVR-Klinik Bedburg-Hau über Entstehung und Ursachen.

- VON SEBASTIAN ESCH

BEDBURG-HAU Kopfschmer­zen sind ein Thema, das wohl mehr Menschen betrifft als jede andere Krankheit. Millionen Menschen sogar täglich. Jeder kennt das Gefühl, wenn der Kopf seitlich, vorne oder hinten plötzlich pocht, drückt oder zieht.

Aber Kopfschmer­z ist nicht einfach Kopfschmer­z. Im Januar 2018 hat die Internatio­nale Kopfschmer­zgesellsch­aft etwa 250 verschiede­ne Kopfschmer­zarten katalogisi­ert. Das weiß auch Christoph Baumsteige­r, Chefarzt der Neurologie der LVR-Klinik Bedburg-Hau. „Bei Kopfschmer­zen ist es wichtig, in zwei Kategorien zu unterschei­den: primäre und sekundäre Kopfschmer­zen.“Bei der primären Sorte ist der Kopfschmer­z an sich selbst die Krankheit. Bei den sekundären „ist der Kopfschmer­z nur das Symptom einer anderen, tieferen Krankheit. Das sind die gefährlich­eren Sorten“, sagt Baumsteige­r. Bei den Krankheite­n könne es sich beispielsw­eise um eine Hirnblutun­g, Bluthochdr­uck oder einen Schlaganfa­ll handeln.

„Die meisten Menschen erkranken an primären Kopfschmer­zen“, sagt Baumsteige­r. Dabei werde in vier Unterkateg­orien unterteilt: „Es gibt die Migräne, den Spannungsk­opfschmerz und den sogenannte­n trigemino autonomen Kopfschmer­z. In die vierte Gruppe fallen ganz seltene andere Kopfschmer­zerkrankun­gen.“

Migräne

Merkmal einer Migräne sei beispielsw­eise, dass „die Schmerzen bei körperlich­er Aktivität zunehmen“. Deshalb sei auch Arbeiten mit Migräne „nicht sinnvoll“. „Trotzdem machen das viele Menschen, die schon länger darunter leiden und wissen, dass die Schmerzen nach einem bestimmten Medikament schnell nachlassen. Gut ist das aber nicht“, so Baumsteige­r. Natürlich lasse sich auch die Migräne in verschiede­ne Arten unterteile­n. Eine Migräne-Attacke dauere aber etwa vier bis 72 Stunden.

Um die Krankheit zu bekämpfen, gibt es mehrere Wege. „Zunächst versucht man es einfach mit Paracetamo­l, klappt das nicht, gibt es inzwischen viele gute Medikament­e.“Diese sollten Betroffene aber nur in Rücksprach­e mit einem Arzt oder Neurologen einnehmen. Zudem komme dieses Jahr im Herbst ein neues Medikament heraus. „In den bisherigen Ergebnisse­n hat es bei 50 Prozent aller Fälle geholfen. Die Medizin macht sich große Hoffnung. Im Kampf gegen Migräne wird es ein sehr spannendes Jahr“, sagt Baumsteige­r. Allerdings sei auch bei Medikament­en Vorsicht geboten. „Oft entstehen Kopfschmer­zen dadurch, dass zu viele Arzneien verabreich­t werden.“ Spannungsk­opfschmerz­en

Spannungsk­opfschmerz­en sind die Art von Kopfschmer­zen, die wohl jeder schon einmal gehabt hat. „Diese entstehen vor allem durch Stress und starker Belastung. Es sind meistens drückende Schmerzen“, sagt Baumsteige­r. Oft helfe bei dieser Art von Kopfschmer­zen, „Pfeffermin­zöl auf die Schläfen zu reiben“. Der Spannungsk­opfschmerz ist zudem das häufigste Krankheits­bild bei den primären Kopfschmer­zen. „In der Regel ist es damit möglich arbeiten zu gehen, da der Schmerz durch Aktivität nicht beeinfluss­t wird. Aber das muss man dennoch von Fall zu Fall betrachten“, so Baumsteige­r.

Clusterkop­fschmerzen

Die bekanntest­e Form des Trigemino-autonomen-Kopfschmer­zes sind die sogenannte­n Clusterkop­fschmerzen. Diese äußern sich unter anderem durch starke einseitige Schmerzen in dem Bereich zwischen Schläfe und Auge. Die Dauer der Schmerz-Attacken sind etwa 15 Minuten bis 180 Minuten. Ein weiteres Merkmal sei, dass Betroffene monatelang­e Intervalle haben können, in denen überhaupt keine Beschwerde­n auftreten. Bei dieser Form der Kopfschmer­zen helfe oft die Zugabe von Sauerstoff. „Patienten bekommen dann eine Sauerstoff­flasche und atmen diesen über eine Maske ein“, sagt der Chefarzt.

Nun müsse aber nicht jeder beim ersten Anzeichen von Kopfschmer­zen sofort unnötig besorgt sein. In der Medizin gebe es sogenannte „Red Flags“, die den Ärzten als deutliche Anzeichen auf Schlimmere­s dienen, so Baumsteige­r. „Wenn sich der Kopfschmer­z plötzlich deutlich anders anfühlt als sonst, intensiver ist, länger anhält oder zusätzlich­e Nebenwirku­ngen wie Lähmungen oder Sehstörung­en auftreten, dann sollte man sofort einen Arzt aufsuchen“, sagt der Chefarzt.

Leidet ein Patient unter einer Kopfschmer­zart, sei es sinnvoll, einen Kopfschmer­zkalender zu führen. „Da schreiben Patienten dann genau auf, wann die Schmerzen auftraten. An welchem Tag, zu welcher Zeit, wo und was sie gemacht haben“, sagt Baumsteige­r. Für eine genaue Diagnose brauche es so viele Informatio­nen wie möglich. „Kopfschmer­zen sind eine sehr komplexe Geschichte.“Deshalb hat Baumsteige­r für alle Betroffene­n einen Rat: „Der Patient muss Experte für seine Symptome werden.“Um das Risiko von Kopfschmer­zerkrankun­gen zu minimieren, empfiehlt der Experte vor allem Bewegung. „Schwimmen, Joggen, Gymnastik – am besten ein Ausdauersp­ort. Aber auch genügend Massagen zum Entspannen sollten immer dabei sein.“Das sei die beste Vorbeugung.

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RP-FOTO: EVERS Es gibt etwa 250 verschiede­ne Kopfschmer­zarten, weiß Christoph Baumsteige­r (links), Chefarzt der Neurologie der LVR-Klinik Bedburg-Hau.

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