Rechtspopulisten wollen Schöffen stellen
Die Problematik ist dem NRW-Verfassungsschutz laut Innenministerium bekannt. Die SPD-Opposition fordert die Landesregierung auf, sofort alle entsprechenden Erkenntnisse offenzulegen. Der Rechtsausschuss tagt am Mittwoch.
DÜSSELDORF Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz ist nach Angaben des Innenministeriums über eine drohende Infiltration des Schöffenamtes durch Rechtspopulisten informiert. „Der NRW-Verfassungsschutz beobachtet, dass Extremisten versuchen, auf diesem Weg Einfluss auf die Gesellschaft zu nehmen“, sagte eine Ministeriumssprecherin. Die Kommunen entschieden selbständig, wen sie als Schöffe vorschlügen.
„Schöffen müssen verfassungstreu sein, was auch überprüft wird“
Nordrhein-westfälisches Ministerium der Justiz
„Wenn sie Zweifel an der Verfassungstreue der Kandidaten haben, können sie über das zuständige Ressort eine Anfrage an den Verfassungsschutz stellen.“Eventuell hier vorliegende Erkenntnisse würden im Einzelfall auf diesem Weg mitgeteilt. Im Justizministerium hieß es dazu: „Schöffen müssen verfassungstreu sein, was auch überprüft wird.“
Die„Bild“-Zeitung hatte tags zuvor berichtet, dass bereits auf vertraulichen Wahllisten von Kommunen auch Männer mit rechtspopulistischem Hintergrund zu finden seien, die etwa der rechtsextremen „Pro Deutschland“-Bewegung angehören oder angehörten. „Die Problematik ist dem Verfassungsschutz bekannt, der in jedem Einzelfall die zuständigen Behörden informiert“, hatte es dazu im NRW-Innenministerium geheißen.
Unter anderem auch NPD und AfD hatten vor wenigen Wochen die eigenen Anhänger öffentlich dazu aufgerufen, sich als Schöffe zu bewerben, um Einfluss auf Gerichtsprozesse zu nehmen. Die Möglichkeit zur Einflussnahme wäre – insbesondere vor den Amtsgerichten – theoretisch gegeben: Hier bilden in der Regel zwei Schöffen und ein Richter ein Team, alle sind bei der Urteilsentscheidung gleichberechtigt. Anders als bei größeren Verfahren vor den Landgerichten könnten Schöffen so eine Mehrheit bilden.
In Justizkreisen hieß es dazu, bisher gebe es nur verschwindend wenige Fälle, in denen ehrenamtliche Richter sich überhaupt einmal gegen Berufsrichter durchgesetzt hätten. Das liege auch an der großen Überzeugungskraft der hauptamtlichen Richter. Doch wurde auch eingeräumt, dass sich die Verhältnisse ändern könnten, weil die Gemeinden über die Auswahl der Schöffen entschieden. Je größer der Einfluss etwa der AfD in den Kommunen werde, desto wahrscheinlicher sei es, dass deren Sympathisanten auch zu Schöffen ernannt würden.
Zum 1. Januar 2019 werden bundesweit Zehntausende dieser Laienrichter gesucht. Allein in NRW steigt dann die Zahl aller Schöffen von 15.000 auf mehr als 17.000 – ein Großteil der bisherigen Amtsinhaber scheidet dann aus. Die Suche nach Freiwilligen ist zurzeit ein zähes Unterfangen.
Ein mehrstufiges Auswahlverfahren soll das Rechtssystem vor Infiltration schützen. Bewerben kann sich jeder deutsche Staatsbürger an seinem Wohnsitz. Bewerber dürfen nicht gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen.
Die SPD-Opposition im Landtag forderte die Landesregierung auf, schon am Mittwoch im Rechtsausschuss umfassend darüber zu informieren, welche Erkenntnisse es über die Unterwanderungsversuche von Rechts gebe. Im Rechtsausschuss habe die Landesregierung vor Kurzem noch entsprechendes Wissen verneint. „Neonazis in Robe sind eine große Gefahr für unseren Rechtsstaat“, sagte die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Landtag, Sonja Bongers.