Notwendige Korrekturen
Im Streit ums „Schreiben nach Hören“steckt auch eine Mahnung zum Maßhalten.
Es wird also mal wieder über die Rechtschreibung gestritten. Genauer: über die Methode „Schreiben nach Hören“, die korrekt eigentlich „Lesen durch Schreiben“heißt und bei der Grundschüler zunächst unkorrigiert falsch schreiben dürfen, weil sie dadurch motivierter sein und schneller lesen lernen sollen. Die Argumente, diese Methode aus den Schulen zu verbannen, sind seit einigen Tagen noch gewichtiger geworden, seit Psychologen aus Bonn eine Studie vorgelegt haben. Kernaussage: Schüler, die mit „Schreiben nach Hören“lernen, machen mehr Fehler als diejenigen, die nach der klassischen Fibel lernen. Es gibt also, auch wenn die Studie umstritten ist, empirische Daten. Das ist in der Schulpolitik schon mal eine ganze Menge. Offenbar hat „Schreiben nach Hören“eher eine schlechtere, jedenfalls aber keine bessere Bilanz als die Fibel. Und weil gerade bei den Grundlagen gelten sollte „Im Zweifel für das Bewährte“, sollte sich auch NRW zu einem Verbot durchringen. Doch selbst wenn das Land es wie geplant bei einer Beschränkung auf die erste Klasse belässt: Der Akzent, etwa mit der Einführung eines Grundwortschatzes, liegt wieder stärker auf klar nachprüfbaren Lerninhalten. Das ist gut und eine notwendige Korrektur. Was Kinder herausfordert, ist nicht automatisch reaktionärer Drill. Was Kindern entgegenkommen soll, ist aber auch nicht automatisch linksgrüne Kuschelei. Die Wahrheit liegt auch hier in der Mitte.
Eins allerdings lässt sich aus diesem Fall nicht ableiten: ein Verbot neuer Methoden. Schulen sollen in Ruhe arbeiten können, aber sie dürfen sich (und wollen sich meist auch nicht) der pädagogischen Debatte verschließen. Wäre es anders, hätten wir heute noch die Prügelstrafe. Reformen müssen möglich sein. Und sie können sich nun mal nur in der Praxis bewähren.