Es sind unruhige Zeiten: Drohende Handelskriege, Krisen in den Schwellenländern und die Niedrigzinsen haben den Druck auf die Anleger erhöht. Wie müssen Anleger investieren, um ihr Vermögen zu schützen und auszubauen?
Es herrscht Anlagenotstand in Deutschland und Europa. Wohin mit dem Geld, wenn das Tagesgeldkonto nach Abzug von Kosten, Steuern und Inflation nur ein Minus abwirft? Die Vermögensverwalter beim RPForum haben dazu unterschiedliche Strategien, wobei alle bei einem Punkt Einigkeit zeigen: Ohne Risiko lässt sich keine Rendite mehr erwirtschaften.
Und auf baldige Zinserhöhungen müssen Geldanleger gar nicht erst warten. „Es kann keine Zinserhöhung geben, weil die Verschuldung der Staaten so hoch ist“, konstatiert Peter Schneider (Schneider, Walter & Kollegen). „Wir müssen deshalb unsere Kunden darauf einstellen, dass die Märkte in alle Richtungen tendieren können und ihre Geldanlage deshalb auf alle Fälle vorbereitet sein muss.“
Mehr noch: „Die Anleger müssen auch lernen, dass nach mehreren guten Jahren auch mal ein Minus dazugehört. Gerade jetzt müssen wir Stockpicking betreiben, denn wer sich jetzt gut in seiner Anlagestrategie aufstellt, wird in den nächsten zwei bis drei Jahren belohnt“, so Christian Köpp (Oberbanscheidt & Cie.). Umdenken müssen auch sicherheitsorientierte Anleger wie etwa Stiftungen, die in der Vergangenheit ihre Anlagestrategie insbesondere auf Rentenpapieren aufgebaut haben.
Rentenspezialistin Kathrin Eichler (Eichler & Mehlert) warnt: „Auf der Rentenseite wird die Luft ziemlich dünn. Ein aktives Portfolio- und Risiko-Management ist daher ganz wichtig. Wenn ich heute mit Anleihen zwei Prozent erwirtschaften soll, dann muss ich mehr ins Risiko geben und etwa auch mehr Dollar-Anleihen kaufen.“
Für Jens Hartmann von Ficon Börsebius Invest sind Krisen nichts Neues. Für ihn ist wichtig, dass dem Anleger klar wird, welchen Anlagehorizont er hat. „Wir setzen daher langfristig auf Aktien und dividendenstarke Werte – gleichzeitig hat das Risikocontrolling bei uns eine höhere Bedeutung erhalten.“
Bei Hinkel & Cie. ist das Angebot an Investmentideen breiter geworden. „Wir haben das Anlageuniversum, das wir seit einigen Jahren für institutionelle Anleger zur Verfügung stellen, nun auch für unsere Privatanleger geöffnet“, bekräftigt Hans Hinkel. „Das hat auch zur Beruhigung in diesen unruhigen Zeiten beigetragen.“
An Aktien, das wurde während der Diskussion mehrfach deutlich, führt nach Ansicht der meisten Vermögensverwalter ohnehin kein Weg vorbei. „Für uns ist die Aktie auch nicht immer mit Risiko gleichzusetzen – und die Anleihe nicht automatisch mit Sicherheit“, weist Frank Mooshöfer von der PVV AG auf. „Wir differenzieren hier schon sehr stark, denn es gibt ein breites Spektrum in Bezug auf das erwartete Risiko bei Anlagemöglichkeiten in beiden Anlageklassen. Zudem steuern wir unsere Portfolien unter anderem über die erwartete Volatilität und richten die breit diversifizierten Portfolien nach der Risikoneigung unserer Kunden aus und erwirtschaften aus einer Vielzahl von Wertpapieren nachhaltige Renditebeiträge.“
Beim Robo-Advisor Scalable Capital ist es zudem nicht der Mensch, sondern die Maschine, die über einen intelligenten Algorithmus die Richtung vorgibt: „Wir arbeiten mit Valueat-Risk-Kennzahlen in unseren Portfolien, die je nach Anlegerneigung unterschiedlich ausgelegt sind. Am beliebtesten ist bei uns die Strategie, bei der Kunden in einem schlechten Jahr mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent maximal 20 Prozent Wertrückgang hinnehmen müssen – die meisten Kunden sind bereit dazu, so viel Risiko zu tragen“, erläutert Thomas Wolff.
Die Computerprogramme sind aktuell ebenfalls positiv auf Aktien eingestimmt: In den Portfolien stecken bis zu 70 Prozent Aktien.
Auch bei DJE Kapital ist man positiv in Bezug auf Aktien. Stefan Kasthold sieht für die nächste Zeit keine großen Bedrohungen an den Aktienmärkten, denn: „Wenn man die weltweite Schuldengrößenordnung sieht, fällt es schwer zu glauben, dass die Zinsen in nächster Zeit nachhaltig auf ein attraktives Niveau steigen werden.“
Johannes Hirsch von Antea plädiert für Vorsicht, aber nicht für Ängstlichkeit: „Die Anlageklasse Anleihen erzielt keine Renditen. Die Vorteile in anderen Währungen entstammen der Anlageklasse Devisen. Die haben neben Chancen jedoch auch Risiken. Aber warum soll sich ein Anleger nur auf Aktien beschränken, warum soll er nicht auch in Rohstoffe, Immobilien, Agrar-Anlagen und Private Equity investieren?“
Felix Brem (Reuss Private Deutschland) hat allerdings die Erfahrung gemacht, dass gerade vermögende Anleger eher zurückhaltend sind: „Je höher das Vermögen, desto werterhaltender ist der Kunde. Der Anspruch, eine möglichst hohe Rendite zu erwirtschaften, ist bei diesem Kundenkreis weniger gegeben: Man investiert lieber in Werte, die Sicherheit gewährleisten.“
Stefan Klein von Hansainvest verweist zudem auf die Zurückhaltung vieler Anleger bei nicht-liquiden Investments: „Die Regulierung bei Alternativen Investmentfonds hat dazu geführt, dass es im Publikumsbereich aktuell nur wenige Angebote gibt.“
„Es kann keine Zinserhöhung geben, weil die Verschuldung der Staaten so hoch ist“