Italien verabschiedet umstrittenen Haushalt
Hohe Schulden, aber Frist eingehalten: Italiens Regierung hat den Haushaltsentwurf 2019 bei der EU einreichen. Die Anleger reagieren erleichtert, weil der gemäßigte Finanzminister Tria hinter dem Etat steht.
FRANKFURT Die Europäische Union will den Haushaltsentwurf der italienischen Regierung genau prüfen. Der sieht eine Neuverschuldung von 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vor. Damit bleibt Rom zwar unter der Grenze von 3,0 Prozent, so wie sie in den Maastricht-Kriterien vorgesehen ist. Doch die EU hatte eigentlich mit Italien vereinbart, dass die Neuverschuldung nur um 0,8 Prozent steigen solle. Bis 2021 soll sie, so der Plan der italienischen Regierung, auf 1,8 Prozent zurückgehen. Die EU hat zwar bis zum Ende November Zeit zur Prüfung aller Haushaltsentwürfe der Mitgliedsstaaten. Doch wenn sie Verstöße befürchtet, muss sie die betroffenen Länder zwei Wochen anch Abgabe informieren, damit diese gegebenenfalls nachbessern können. Dazu haben die Regierungen dann drei Wochen Zeit.
Der EU bereitet vor allem Sorgen, dass mit der höheren Neuverschuldung auch die Gesamtverschuldung weiter wächst. Schon jetzt hat Italien mit gut 130 Prozent des BIP einen der höchsten Schuldenstände weltweit von insgesamt 2,3 Billionen Euro. In der EU liegt es in dieser Hinsicht direkt nach Griechenland auf dem zweiten Platz. Erlaubt sind hier eigentlich nur 60 Prozent des BIP. Diese Quote soll aber bis 2021 auf 127 Prozent des BIP fallen.
Die Verpflichtung zum Abbau des strukturellen Haushaltsdefizits habe die italienische Regierung mit diesem Budgetentwurf bewusst ignoriert, kommentierte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. Die Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und der rechten Lega will mit der hohen Neuverschuldung ihre Versprechen aus dem Wahlkampf umsetzen. Das sind vorrangig schnelle Steuererleichterungen zunächst vor allem für kleine Unternehmen. Außerdem soll ein Bürgereinkommen eingeführt werden als auch die Renten früher steigen.
„Zu einem Kurswechsel zwingen kann die EU Italien nicht. Dafür sind die Sanktionsmöglichkeiten zu schwach“, sagt Marco Wagner, Volkswirt der Commerzbank. Die EU könne zwar Mahnungen aussprechen und Länder, die sich gegen die Empfehlungen sperren, sogar mit finanziellen Sanktionen bis zu 0,5 Prozent des BIP belegen oder Länder von der Regionalförderung abschneiden. Doch tatsächlich hat es noch nie finanzielle Sanktionen gegeben, allenfalls gab es Mahnungen. Auch Deutschland hatte ja in früheren Jahren die Defizitgrenzen missachtet. Selbst wenn die EU die höchste Strafe von 0,5 Prozent des BIIP verhängen würde, dann bedeute das keinen wirklichen Schrecken, denn das entspräche 8,5 Milliarden Euro, erklärt Wagner.
In den vergangenen Wochen stieg die Rendite für italienische Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit auf gut 3,5 Prozent, die Anleger schätzen also das Risiko eines Zahlungsausfalls inzwischen wieder höher ein. Die als sehr sicher geltenden deutschen Staatsanleihen rentieren jedoch bei etwa 0,5 Prozent.
Dennoch deckten sich einige Anleger gestern wieder mit Staatsanleihen des drittgrößten Euro-Landes ein, dadurch fiel die Rendite der zehnjährigen Titel leicht. Auch Aktien zogen leicht an. Die Anleger waren erleichtert, dass der als gemäßigt geltende parteilose Finanzminister Giovanni Tria hinter dem Etat stand. Er gilt als Garant für Vernunft.
Dennoch rechnen Experten damit, dass die Ratingagenturen italienische Staatsanleihen auf „Ramsch-Niveau“herabstufen könnten. Dann dürften sicherheitsbewusste Anleger massenhaft verkaufen. „Ein Käuferstreik für italienische Anleihen könnte dann in eine Krise führen“, sagte Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank.