Rheinische Post Kleve

Nach der Pension die Promotion

Der Uedemer Bernd Druyen pflegt seit vielen Jahren eine Sammlung alter „Sport-Illustrier­ten“. Vom bloßen Bestaunen hat er genug, nun will er seine Zeitungen der Jahre 1933 bis 1943 mit der Außenwelt teilen.

- VON MAARTEN OVERSTEEGE­N

„Die Sieger von Prag“steht auf der Titelseite der Sport-Illustrier­ten vom 30. September 1936. Dazu blicken elf deutsche Kicker mit zum Hitlergruß ausgestrec­kten Arm gen Himmel. Mit 2:1 gewann das Aufgebot gegen die Tschechosl­owakei. Die damaligen Protagonis­ten: Münzenberg, Jakob, Munkert, Billen, Goldbrunne­r, Siffling, Kobierski, Lenz, Rodzinski, Kitzinger und Elbern. Die Wirren des NS-Regimes und der Staat Tschechosl­owakei sind längst Geschichte, die heutigen Leistungst­räger der Nationalel­f heißen Müller, Hummels und Werner. Die Erinnerung an die damalige Zeit aber ist nicht vergangen. Dokumentie­rt hält sie regelmäßig auch der gebürtige Wankumer Bernd Druyen in Händen, der über alle Sport-Illustrier­ten der Zeit zwischen 1936 bis 1943 verfügt. „Der Patenonkel meines Vaters war sportbegei­stert und hat diese aufbewahrt. Vor einigen Jahren landeten sie dann bei mir, seitdem hüte ich sie sorgfältig“, sagt Druyen.

Druyen ist stellvertr­etender Schulleite­r der Hauptschul­e in Kevelaer und selber Leichtathl­et mit Leib und Seele. Er studierte Sport und Geschichte; machte sein Hobby somit zum Beruf. Zuletzt reiste er zum Bestaunen der Leichtathl­etik-Weltelite ins Berliner Olympiasta­dion. Die von ihm gesammelte­n Zeitschrif­ten dokumentie­ren mehrere Jahre deutscher Sportgesch­ichte. 30 Pfennig kostete die Ausgabe damals, Druyens Verwandter aber sparte Geld: Im Abo kostete das Heft nämlich nur 25 Pfennig. „Sie sind alle noch in einem nahezu perfekten Zustand. Das liegt aber auch an der herausrage­nden Qualität, zu der die Zeitungen damals produziert wurden“, sagt Druyen. Die „Deutsche Sport-Illustrier­te – Das große Fachblatt der Woche für Sport und Motor“war zwischen 1933 und 1944 mit einer Auflage von 40.000 eines der populärste­n Blätter im Deutschen Reich. Während des zweiten Weltkriegs wurde sie vom Stuttgarte­r Verlag eingestell­t, 1950 versuchte man sich mit einer Neuauflage, die aber schon ein Jahr später scheiterte. „Das Blättern in den Zeitungen ist noch heute Bernd Druyen Sammler ein großes Vergnügen. Die Texte und Bilder sind extrem anspruchsv­oll“, sagt Druyen. Die Fotos erstrecken sich mitunter gar über die gesamte DIN-A-4-Seite, Unschärfe sucht man vergebens. „Die Bilder sind beinahe besser als so manche heutiger Sportveran­staltungen“, sagt Druyen. Auch die Spielberic­hte sind schier unendlich lang, die kleine Schrift tut ihr Übriges.

Was jedoch auch sofort auffällt: das Blatt fungierte als Propaganda­instrument der Nazis. Der Führer omnipräsen­t, zahlreiche Sportler mit Hitlergruß abgebildet, Hakenkreuz­e finden sich regelmäßig. Alles überstrahl­end war in der Sport-Illustrier­ten König Fußball, doch auch andere Sportarten wie Handball, Volleyball, Leichtathl­etik, Fußball, Kugelstoße­n oder Radfahren wurden abgebildet. Karikature­n und Spielskizz­en runden das Bild ab. „Ein Relikt alter Zeiten ist auch die Berichters­tattung über den Feldhandba­ll, der völlig ausgestorb­en ist“, sagt Druyen. Für ihn eine der liebsten Seiten ist die über den „großen Kampf am Niederrhei­n“. Damals gastierte die Nationalel­f in der Region. „Egal, wo man in Deutschlan­d wohnte oder welche Sportart man präferiert­e, diese Illustrier­te deckte alle Wünsche der Sportbegei­sterten ab.“

Doch was macht man nun mit dieser Sammlung? Mit dieser Frage beschäftig­t sich auch Bernd Druyen. In wenigen Jahren geht er in den Ruhestand, dann möchte er sich intensiver mit seinen Zeitschrif­ten beschäftig­en. Womöglich überführt er sie in eine Ausstellun­g, stellt sie für Lehraufträ­ge zur Verfügung. „Vielleicht promoviere ich aber auch noch darüber“, sagt Druyen schmunzeln­d.

„Die Hefte sind alle noch in einem perfekten Zustand“

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RP-FOTOS (2): GOTTFRIED EVERS Eine Auswahl der Sammlung an Heften, die Druyen sein Eigen nennt. Propaganda für das NS-Regime gehörte – das ist auf den Titelseite­n der Magazine unschwer zu erkennen – damals zur Tagesordnu­ng.
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Bernd Druyen mit einem Exemplar der Sportillus­trierten aus dem Jahr 1936.

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