Drei Wünsche des Heiligen Martin von Tours
Hirtenbrief an die Christen des 21. Jahrhunderts: Wenn ich Jahr für Jahr die schönen Umzüge sehe, die mir zu Ehren gehalten werden, dann frage ich mich, ob ihr auch wirklich wisst, wen ihr da feiert und verehrt. Der geteilte Mantel ist eben nur die halbe Wahrheit über mich. Deshalb will ich heute das Bild vom nur lieben und hilfsbereiten Martin ergänzen. Wenn ich euch jetzt den etwas anderen Martin zeige, dann verbinde ich damit drei Bitten:
Erstens: Seid kritisch gegenüber den weltlichen Machthabern! Ich wünsche mir auch unter euch mutige Frauen und Männer, die sich von den Großen nicht einschüchtern lassen, die den Mund aufmachen, wo das Evangelium auf dem Spiel steht, die die Ziele der Politik an der Botschaft Jesu messen, und die, wenn es um die Grundrechte der Menschen geht, den weltlichen Machthabern Feuer unter den Hintern machen und kräftig einheizen.
Zweitens: Seid kritisch gegenüber den kirchlichen Machthabern! Ich wünsche mir auch unter euch mutige Frauen und Männer, die die Kirche unter dem Maßstab des Evangeliums stellen und dort protestieren, wo die befreiende und froh machende Botschaft Jesu auf der Strecke bleibt. Gerade heute brauchen wir Christen, die sich an ihrer Kirche reiben und damit zeigen, dass sie die Kirche nicht kalt lässt. Auch die Kirche braucht eine loyale Opposition.
Drittens: Seid kritisch gegenüber euch selbst! Ich wünsche mir auch unter euch selbstkritische Frauen und Männer, Christen, die wissen, dass sie nicht fertig sind und deshalb auch andere nicht fertigmachen dürfen; Christen, die unruhig bleiben und immer wieder neu fragen, was ihre Aufgabe ist; Christen, die zulassen, dass Gott zuerst sie selbst verändert und die deshalb beten können: Herr, erneuere deine Kirche und fange bei mir an!
Euer unbequemer, von vielen noch unentdeckter guter Bischof Martin.