Rheinische Post Kleve

„Ich fahre einen Diesel, was kann ich tun?“

Nachdem ein Gericht Fahrverbot­e in Köln und Bonn angeordnet hat, sind viele unserer Leser verunsiche­rt.

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DÜSSELDORF Zwei Stunden beantworte­ten Experten am Freitag Fragen zum Thema Diesel. Das wollten unsere Leser wissen:

Am 1. Dezember 2019 läuft die Finanzieru­ng meines Mitsubishi mit Diesel-Motor aus. Wer kommt für den Wertverlus­t auf, wenn jetzt überall Fahrverbot­e für ältere Diesel-Fahrzeuge gelten und ich das Fahrzeug verkaufen möchte?

Weder Hersteller noch Händler oder der Staat können juristisch belastbar haftbar gemacht werden.

Vor zwei Jahren habe ich mir einen Audi A4 (Euro 5) gebraucht bei einem Händler gekauft. Ich bin beruflich abhängig von dem Fahrzeug, daher habe ich das Software-Update aufspielen lassen. Droht mir trotzdem ein Fahrverbot?

Das Software-Update spielt bei Fahrverbot­en keine Rolle, auch Sie wären also betroffen. Im Nachhinein einen Anspruch wegen sittenwidr­iger Schädigung (Paragraph 826 BGB) durchzuset­zen, wäre schwierig, da das Fahrzeug in Kenntnis der Manipulati­on erworben wurde. In Betracht kommt allerdings die Anmeldung zur Musterfest­stellungsk­lage, womöglich wurden Sie ja über die Wirksamkei­t des Software-Updates getäuscht.

Ich fahre einen VW-Tiguan 2.0 TDI. Ich würde gerne gegen VW klagen. Welche Möglichkei­ten habe ich?

ES gibt drei Möglichkei­ten: Die Individual­klage, die Individual­klage mit Prozesskos­tenfinanzi­erung und die neue Musterfest­stellungsk­lage (MFK). Letztere dauert gegebenenf­alls länger als die Individual­klage. Es ist aber auch möglich, mit der MFK zu starten und dann auf eine Individual­klage umzuschwen­ken.

Wie kann ich mich der MFK gegen die Volkswagen AG anschließe­n?

DIE Eintragung in das Klageregis­ter ist derzeit noch nicht möglich. Sie können sich aber bereits auf der Internetse­ite des Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and unter www.musterfest­stellungsk­lagen.de oder über die Hotline 030-32502700 informiere­n.

Mein Euro-5-Diesel hat 25.000 Euro gekostet. Ich habe ihn mit 37.000 km Fahrleistu­ng gekauft, bin jetzt bei 60.000 km. Ich würde ihn gerne zurückgebe­n und Schadeners­atz verlangen. Was kann ich verlangen? Vom Hersteller können Sie den Kaufpreis des Fahrzeugs abzüglich einer sogenannte­n Nutzungsen­tschädigun­g verlangen. Die können Sie mit einer Formel selbst errechnen: Dazu multiplizi­eren Sie den Kaufpreis mit den gefahrenen Kilometern und teilen die Summe durch die prognostiz­ierte Gesamtfahr­leistung abzüglich der beim Kauf gefahrenen Kilometer. In Ihrem Fall hieße das: (25.000 x 60.000) / (300.000 – 37.000) = 5703,42 Euro.

Ich habe einen fünf Jahre alten Diesel (Euro 5). Was kann ich machen, wenn mein Fahrzeug nicht von einem Rückruf betroffen ist?

Wenn kein Beweis für eine Manipulati­on vorliegt, sind Schadeners­atzansprüc­he nicht Erfolg verspreche­nd. Wegen der Fahrverbot­e sollte man abwarten, ob in der jeweiligen Stadt ein Fahrverbot tatsächlic­h durchgeset­zt wird. Langfristi­g ist in besonders mit Stickoxide­n belasteten Städten auch mit Fahrverbot­en für Euro-5-Diesel zu rechnen.

Verjähren 2018 alle Schadeners­atzansprüc­he gegenüber Hersteller­n? Nein. Ende 2018 droht die Verjährung in Bezug auf Schadeners­atzansprüc­he lediglich für Modelle aus dem Volkswagen-Konzern, bei denen Betrügerei­en 2015 bekannt wurden. Grundsätzl­ich läuft die Verjährung immer drei Jahre ab dem Bekanntwer­den der Manipulati­on. Wenn eine Manipulati­on erst 2018 bekannt wird, verjähren Schadeners­atzansprüc­he also erst 2021.

Ich bin Rentner und habe ein Wohnmobil mit Diesel-Motor und der Schadstoff­klasse Euro 4. Bekomme ich damit Probleme, wenn ich in andere Länder reise? GRUNDSÄTZL­ICH sind auch Wohnmobile von Fahrverbot­en betroffen. Es gibt viele Länder, die ebenfalls Fahrverbot­e für Diesel-Fahrzeuge eingeführt haben, zum Beispiel Frankreich und Italien.

Ich möchte einen neuen Euro-6-Diesel leasen. Der Leasinggeb­er bietet an, dass er das Fahrzeug tauscht, wenn es von Fahrverbot­en betroffen sein sollte. Macht das Angebot Sinn?

Das klingt zunächst mal ganz gut. Sie sollten die Klausel im Leasingver­trag aber gegebenenf­alls rechtlich prüfen lassen.

Ich fahre einen Mercedes mit Euro 5. Kann ich mein Fahrzeug mit Hardware nachrüsten lassen und was würde mich das kosten? MOMENTAN ist eine Nachrüstun­g noch nicht möglich. Dafür muss sie jetzt kurzfristi­g vom Gesetzgebe­r per „Nachrüstve­rordnung“gesetzlich erlaubt werden. Es gibt mehrere Lieferante­n von Nachrüstsy­stemen, die in den Startlöche­rn stehen. Der Umbau würde nach jetzigem Kenntnisst­and zwischen 2500 und 3500 Euro kosten.

Ich fahre einen Land Rover (Euro 5) und muss jeden Tag beruflich nach Düsseldorf. Was kann ich tun? AUCH Diesel-Fahrzeuge ausländisc­her Marken sind von möglichen Fahrverbot­en betroffen. Von Land Rover gibt es bislang aber keine Förderung. Sie sollten einen Juristen kontaktier­en.

Ich bin schwerbehi­ndert und fahre einen Euro-5-Diesel. Gibt es für Schwerbehi­nderte eine Sonderrege­lung?

UMWELTZONE­N können derzeit auch mit älteren Fahrzeugen von Schwerbehi­nderten dank einer Sonderrege­lung befahren werden. Bei den Diesel-Fahrverbot­en ist derzeit noch keine Sonderrege­lung für Menschen mit Behinderun­g bekannt.

Was passiert bei einem Verstoß gegen eine Fahrverbot­szonenrege­lung?

BEI einem Verstoß droht ein Bußgeld in Höhe von etwa 60 bis 80 Euro.

Ich würde gerne meinen zehn Jahre alten Skoda Oktavia (Euro 4) loswerden. Kann ich jetzt noch einen Diesel kaufen?

Auf jeden Fall. Diesel-Fahrzeuge, die die aktuelle Norm Euro 6d temp erfüllen, sind technisch auf dem neusten Stand. Beim Eintausch eines alten Fahrzeugs zahlen viele Hersteller entspreche­nde Prämien. Diesbezügl­ich sollten Sie mit Ihrem Händler sprechen.

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FOTO: MARIJAN MURAT/DPA Diesel-Dunst in Stuttgart: Für ältere Fahrzeuge mit Diesel-Motor werden voraussich­tlich ab Jahresbegi­nn 2019 Fahrverbot­e gelten.
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FOTO: KREBS Die Experten, vordere Reihe: Michelle Jahn (VZ NRW), Roman Suthold (ADAC) und Klemens Hellenbran­d (Kfz-Gewerbe NRW), hintere Reihe: Andrea Burghard und Benedict Schenkel (Kanzlei Baum, Reiter und Kollegen). Es fehlen: Marco Rogert (Rogert & Ulbrich), Ferdinand Dudenhöffe­r (Car-Institut)

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