Wer hilft, wenn man plötzlich krank wird?
Viele Patienten, die mit Beschwerden ins Krankenhaus fahren, wären beim Hausarzt besser aufgehoben. Für das St.-Clemens-Hospital in Geldern, insbesondere die Notfallambulanz, sind diese Bagatellen eine hohe Belastung. Dabei gibt es eine Alternative.
KREIS KLEVE Ein Stechen in der Brust, ein gebrochener Arm, ein abgerissener Zehnagel – was tun? Patienten haben die Wahl zwischen Notfallambulanz und dem kassenärztlichen Notdienst. Das ist vielen aber gar nicht bewusst und sie fahren auch mit harmlosen Beschwerden ins Krankenhaus – für die Hospitale ein schwerwiegendes Problem.
„Ich habe ein Problem, ich gehe ins Krankenhaus. Das ist bei vielen Menschen noch der Gedankengang“, sagt Christoph Weß, kaufmännischer Direktor des St.-Clemens-Hospitals in Geldern. „Und so sitzen hier jeden Tag Patienten, die die Strukturen eines Krankenhauses nicht benötigen, denen auch ein Hausarzt helfen könnte.“Das macht den Krankenhäusern zu schaffen, mehr Personal wird benötigt, um die Patienten zu versorgen. „Natürlich sollten Patienten im Zweifelsfall lieber ins Krankenhaus kommen, als sich nicht behandeln zu lassen. Dennoch sollte man sich immer fragen: Muss es wirklich die Notfallambulanz sein?“
Im Wartezimmer vor der Notfallambulanz des St.-Clemens-Hospitals sitzen rund um die Uhr Patienten und warten. Akute Notfälle, die vom Krankenwagen ins Hospital gebracht werden, kommen durch eine automatische Tür. Auf dem Flur, von dem Schockraum, Schwesternzimmer und Behandlungsräume abzweigen, wurde auch schon ein Kind geboren. Die Ärztinnen Brigitte Ritter-Claas und Elke Engel-Küpper kümmern sich um alle, die mit einem echten Notfall in das Krankenhaus kommen. Dazu gehören Knochenbrüche und tiefe Wunden, aber auch bedrohlich hohes Fieber.
Die Leiterinnen der Notfallambulanz haben aber auch die Erfahrung gemacht, dass die Zahl der Bagatellen gestiegen ist. Auch mit einem Husten oder Rückenschmerzen kommen viele ins Krankenhaus. „Einige Menschen scheinen dreister geworden zu sein“, sagt Brigitte Ritter-Claas. „Sie lassen sich mit dem Krankenwagen ins Hospital fahren, weil sie Wartezeiten umgehen wollen.“Bei vielen Patienten seien es aber auch Unwissen und Verunsicherung. „Die meisten Patienten kann ich durchaus verstehen. Aber einige Fälle machen mich wütend“, sagt Ritter-Claas. Vor allem, wenn Patienten aus Bequemlichkeit in die Notfallambulanz kommen, weil sie nicht warten wollen, und ein „gewisses Anspruchsdenken haben“, wie die Ärztin sagt. „Die erwarten, dass wir ihnen sofort sagen können, wo das Problem ist.“
Rund um die Uhr sind die Ärzte und Pfleger hier, kümmern sich um Patienten aus einem Umkreis von mehr als 20 Kilometern. Jeder, der ins Krankenhaus kommt, wird in der zentralen Patientenaufnahme registriert. Im vergangenen Jahr waren das rund 43.000 Patienten, 16.000 von ihnen wurden stationär behandelt.
Die Patienten werden dabei nicht nach der Reihe behandelt, sondern nach Dringlichkeit. Wem es also am schlechtesten geht, kommt zuerst ran. Im schlimmsten Fall ist der Patient lebensgefährlich erkrankt oder verletzt und wird sofort behandelt. Bei schwerer Krankheit oder Verletzung kann die Behandlung zwar kurz aufgeschoben werden, die Pfleger und Ärzte behalten den Patienten aber im Blick. Wer nur leicht verletzt oder erkrankt ist, muss meist warten. Denn der Patient kann auch später versorgt werden, ohne ein gesundheitliches Risiko einzugehen oder bleibende Schäden zu riskieren. So kann es kommen, dass Patienten trotz großer Schmerzen länger warten müssen als Patienten, die auf den ersten Blick kaum erkrankt wirken. Wie dringend ein Patient behandelt werden muss, schätzen die Ärzte und Pfleger ein, indem sie Fragen zu den Symptomen stellen. Verschlechtert sich der Zustand, kann die Stufe angepasst werden.
Die Alternative ist der kassenärztliche Notdienst. Wer nicht lebensbedrohlich verletzt oder erkrankt ist, aber auch nicht bis zur nächsten Sprechstunde warten kann, wendet sich an den kassenärztlichen Notdienst unter der bundesweiten Telefonnummer 116117. Diese Leitstellen stellen Kontakt zu den Ärzten her, die Bereitschaftsdienst haben. Je nach Schwere der Erkrankung erfahren die Patienten dann, welche Praxis in der Nähe geöffnet ist oder der Arzt kommt bei Bedarf nach Hause.