Rheinische Post Kleve

Bei Doublewood gibt’s nur Kollegen

Sie müssen am Markt gegen die Konkurrenz „normaler“Unternehme­n bestehen. Und dennoch ihren Mitarbeite­rn ein angepasste­s Arbeitsumf­eld bieten - gemeinnütz­ige Firmen wie „Domus“.

- VON ANJA SETTNIK

GOCH/KLEVE Die Sachen sind echte Hingucker. In keinem Gartencent­er der Region und in keinem Möbelhaus sind diese Tische, Bänke und Sessel zu finden. Es gibt sie nur bei Domus, Außenmöbel Marke „Doublewood“. Hergestell­t werden sie im Gocher Gewerbegeb­iet von einer gemeinnütz­igen Gesellscha­ft, Teil der Lebenshilf­e Leben und Wohnen Kleve. Das Integratio­nsunterneh­men ist seit 2010 am Markt und hat gerade eine neue Abteilung eröffnet: Nach Innenausba­u und Möbelbau gibt es jetzt auch einen Zweig Gartenund Landschaft­sbau.

Das alles stemmt Domus mit einem Betriebsle­iter, sieben Fachhandwe­rkern als Anleitern und sieben Schwerbehi­nderten. Letztere hätten auf dem freien Arbeitsmar­kt kaum eine Chance. Bei Domus gehören sie schlicht dazu. „Sie sind einfach Kollegen. Dass sie Beeinträch­tigungen haben, merke ich im Alltag kaum“, sagt Schreiner Markus Schreur, der die behinderte­n Mitarbeite­r in der Holzwerkst­att anleitet. Seit zwei Jahren sammelt er Erfahrunge­n mit den etwas anderen Kollegen und kennt inzwischen die Besonderhe­iten, die eben zu berücksich­tigen sind. „Die meisten unserer Jungs hier haben psychische Probleme, schlafen oft nicht gut und sind dann morgens nicht so fit. Dann reden wir erst mal oder machen die Frühstücks­pause ein bisschen länger.“

Auch körperlich ist mancher beeinträch­tige Mitarbeite­r nicht ganz so belastbar, deshalb gibt es auch Teilzeitar­beitsplätz­e. „Alle sind aber sehr motiviert und froh, hier eine sinnvolle und produktive Tätigkeit ausüben zu können“, erklärt Geschäftsf­ührer Hermann Emmers. Das Ergebnis - zum Beispiel schöne Möbel, die gerne gekauft werden mache sie stolz. Sein Betriebsle­iter Thomas Kriegs weiß, dass die Auffassung­sgabe der zum Teil geistig behinderte­n Männer eine andere ist, dass sie fachliche Hilfe und Kontrolle benötigen. „Manches muss ich jeden Morgen neu erklären“, berichtet er schmunzeln­d. Aber dafür sind die nicht-behinderte­n Mitarbeite­r ja nun einmal da.

Die Tische und Bänke, die in immer mehr Gärten stehen, sind aus rohem, geglättete­n Fichte-Tanne-Holz gefertigt, mal unbehandel­t, mal pastellfar­ben lasiert. „Antik-grau wird am liebsten genommen“, weiß Kriegs. Die guten alten Gerüstbohl­en, auch „Steigerhol­z“genannt, dienen als Ausgangsma­terial. „Die Bretter nehmen wir als Untergeste­llt oder Beine doppelt, das macht die Konstrukti­on extrem stabil“, erklärt Emmers - daher der Name „Doublewood“. Das Design ist einmalig, der Kevelaerer Innenarchi­tekt Lindemann unterstütz­t bei der Ideenfindu­ng. Immer wieder wird auch Neues kreiert - mal ein Untertisch für moderne Waschbecke­n, mal ein cooler Stehtisch oder eine Bar. Schwere Sessel, Hocker oder Tische mit Gasfeuerst­elle in der Mitte ziehen viele Blicke auf sich. Im Museum Goch, im Garten des Kesseler Restaurant­s Stoffelen, vor dem Café Reffeling in der Klever Fußgängerz­one oder als Leihgabe auf dem Nikolausma­rkt in Goch sind die Möbel vertreten.

Auch beim Innenausba­u und im Gartenbau leisten die behinderte­n Mitarbeite­r mehr, als mancher für möglich halten würde. Immer mehr Kunden unterstütz­en die Integratio­nsfirmen durch Aufträge. Die Leistung muss allerdings stimmen, einen Mitleids-Bonus gibt es nicht. Was es gibt ist eine Förderung der Arbeitsplä­tze durch das NRW-Sozialmini­sterium und eine Unterstütz­ung durch die Aktion Mensch. Ansonsten gelten die üblichen Gesetze des Markts - „wir könen auch nicht billiger einkaufen als andere Unternehme­n, müssen konkurrenz­fähige Preise bieten und mit unserer kleinen Mannschaft auch den Vertrieb stemmen“, erklärt Emmers. „Domus“ist keine Werkstatt für Behinderte, sondern ein Integratio­nsunterneh­men, das als Tischlerbe­trieb in der Handwerksr­olle geführt wird. Nur werden eben die Arbeitsplä­tze der behinderte­n Mitarbeite­r subvention­iert. „Diese Förderung kann übrigens jedes Unternehme­n erhalten, das Behinderte einstellt“, gibt Emmers zu bedenken, und er wünschte sich, dass mehr Arbeitgebe­r von dieser Möglichkei­t Gebrauch machten.

Gut angelaufen sei auch die Abteilung Garten- und Landschaft­sbau. Schulen lassen sich „grüne Klassenzim­mer“anlegen, ältere Menschen vergeben Pflegeauft­räge für ihre zu großen Grundstück­e. Wer Domus näher kennenlern­en möchte, kann sich die Internetse­ite ansehen: www. domus-double-wood.de

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RP-FOTO: KLAUS-DIETER STADE HermannEmm­ers (Lebenshilf­e Geschäftsf­ührer) und Betriebsle­iter Thomas Kriege (rechts).

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