NRW prüft Klage gegen Autobauer
Das Land hat noch viele Dieselfahrzeuge mit der unzureichenden Euro-Norm vier und fünf im Betrieb. Jetzt erwägt die Regierung eine Schadenersatzklage gegen die Autokonzerne.
DÜSSELDORF Im Zusammenhang mit dem Skandal um manipulierte Dieselfahrzeuge will das Land Nordrhein-Westfalen eigene Ansprüche auf Schadenersatz gegen die Hersteller prüfen. NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) sagte unserer Redaktion: „Das Land Nordrhein-Westfalen betreibt mehrere Tausend Dieselfahrzeuge, unter anderem im Fuhrpark der Polizei. Deshalb werden wir prüfen müssen, ob das Land Schadenersatzansprüche gegen die Hersteller derjenigen Dieselfahrzeuge geltend machen muss, die im Eigentum des Landes sind.“
Die Höhe der möglichen Ansprüche ist offen. Angesichts der großen Zahl der potenziell betroffenen Fahrzeuge dürfte aber ein Millionenbetrag im Raum stehen. Allein die NRW-Polizei verfügt laut Innenministerium über rund 8000 Dieselfahrzeuge, darunter auch T5und T6-Modelle mit der von Fahrverboten besonders bedrohten Euro-Norm vier oder fünf. Zum Teil sind bei der NRW-Polizei sogar noch zivile Einsatzfahrzeuge mit der Euro-Norm 3 in Betrieb.
Der Skandal um manipulierte Diesel deutscher Automobilhersteller gilt als wesentliche Ursache für die Fahrverbote, die Gerichte inzwischen für mehrere deutsche Großstädte verfügt haben. Einer Sammelklage gegen den Volkswagen-Konzern haben sich inzwischen über 80.000 Privatkunden angeschlossen, die den Autobauer ebenfalls auf Schadenersatz verklagen.
Biesenbach sagte mit Blick auf den Fuhrpark des Landes: „Die Debatte um manipulierte Dieselfahrzeuge und mögliche Fahrverbote hat den Marktwert von gebrauchten Dieselfahrzeugen beschädigt.“Sollte das gerichtliche Vorgehen des Landes gegen die bereits für NRW verfügten Fahrverbote scheitern, sei zudem auch der Gebrauchswert der Fahrzeuge in Gefahr.
Am Wochenende wurde bekannt, dass Baden-Württemberg noch in diesem Jahr eine Klage gegen den VW-Konzern auf Schadenersatz einreichen will. Nach einem Bericht der „Südwest Presse“sieht sich die baden-württembergische Landesregierung wegen der manipulierten Diesel als Opfer einer „vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung“. Experten halten die Erfolgsaussichten der Klage der dortigen Landesregierung für groß. In Baden-Württemberg wird sich die Klage auf alle vom Land gekauften und geleasten Dieselfahrzeuge von VW, Audi, Skoda und Seat mit dem Motortyp EA 189 beziehen.
Der Düsseldorfer Staatsrechtler Martin Morlok hält die Prüfung von staatlichen Schadenersatzansprüchen gegen die Hersteller manipulierter Diesel sogar für „geboten“. Morlok sagte: „Als Privatkunde kann ich selbst entscheiden, ob ich tätig werde oder nicht. Aber der Staat verwaltet treuhänderisch das Vermögen der Bürger und muss sogar prüfen, ob Ansprüche bestehen.“Demnach wären neben den Ländern auch die Bundesregierung und die deutschen Kommunen in der Pflicht, eigene Ansprüche gegen die Hersteller zu prüfen.
Eine Gefahr, dass die nordrhein-westfälische Polizei in Fahrverbotsgebieten künftig nicht mehr ausrücken kann, besteht allerdings nicht. Die Standard-Streifenwagen seien „besonders schadstoffarm“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums, „im Übrigen gehen wir davon aus, dass die Städte für Großfahrzeuge von Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei Sonderregelungen treffen werden“.