Innogy scheitert in Großbritannien
Eigentlich wollte Innogy seine britische Problemtochter NPower in ein Joint Venture mit dem Energiekonzern SSE entsorgen. Doch nach einem Blick in die Bücher winkt SSE ab. Die Aktien von Innogy und Eon gehen auf Talfahrt.
ESSEN Es sollte ein Befreiungsschlag werden: Stolz hatte im November 2017 der damalige Innogy-Chef Peter Terium verkündet, man werde die britische Tochter NPower in ein Joint Venture mit dem britischen Energieunternehmen SSE abgeben und damit die Krise auf der Insel lösen. „Das ist der nächste logische Schritt unserer Strategie. Wir bündeln herausragende Kompetenzen in einem großen Unternehmen“, hatte der Niederländer gejubelt. Doch nun hat SSE intensiv in die Bücher geschaut und winkt ab. Aus dem Joint Venture, an dem Innogy eine Beteiligung von 34 Prozent halten sollte, wird nichts. Damit bleibt Innogy auf seiner Problemtochter sitzen. „Innogy und SSE haben die Verhandlungen über Anpassungen der Transaktion zur Zusammenlegung der Vertriebsaktivitäten ergebnislos beendet“, teilte Innogy am Montag mit. Die Innogy-Aktie brach daraufhin um fast vier Prozent ein. Denn nun müssen sich die Innogy-Aktionäre auf eine sinkende Dividende einstellen.
Da der Essener Konzern die Mehrheit an seiner britischen Tochter nicht abgeben kann, muss er diese wieder voll bilanzieren – und das belastet den Gewinn. Innogy erwartet jetzt 100 Millionen Euro weniger Gewinn für 2018, das bereinigte Nettoergebnis soll nur noch über eine Milliarde Euro liegen. Damit aber wäre eine Dividende in Höhe des Vorjahres, nicht mehr darstellbar, so Innogy. Für das vergangene Jahr hatte Innogy 1,60 Euro je Aktie gezahlt. Für 2018 wird es entsprechend weniger geben. Aus Sicht von SSE sei das Scheitern des Joint Ventures zu begrüßen, so ein Analyst der Bank Jefferies.
Die Eon-Aktie verlor nach dem Platzen des Deals drei Prozent. Eon will von seinem früheren Rivalen RWE die Innogy-Beteiligung übernehmen und damit größter Netzund Vertriebskonzern im Land werden. Anders als geplant hat Eon nun auch NPower am Hals. „Obwohl wir die ursprünglich geplante Innogy-SSE-Transaktion begrüßt haben, war diese keine Bedingung für unsere Vereinbarung mit RWE. Wir erwarten derzeit keine grundsätzlichen Auswirkungen auf den Zeitplan oder die strategische und wirtschaftliche Logik der Innogy-Transaktion“, sagte ein Eon-Sprecher. Auch werde man den Vertrag mit RWE nicht noch einmal aufschnüren.
Allerdings dürften die Kartellverhandlungen nun erschwert werden, erwarten Beobachter. Denn Eon und Innogy haben je gut vier Millionen Kunden in Großbritannien. Die Konzerne sind in Vorgesprächen mit den EU-Kartellwächtern und haben ihren Deal noch nicht offiziell zur Prüfung eingereicht. Beobachter vermuten, dass Eon die NPower nach der Innogy-Übernahme so rasch wie möglich verscherbeln wird.
Seit Jahren schon doktert Innogy in Großbritannien herum. NPower hat allein in den vergangenen zwei Jahren 600.000 Kunden verloren, gravierende Abrechnungsprobleme vergraulten viele Verbraucher. Der damalige Konzern-Chef Terium legte ein Sparprogramm auf und wollte 2400 Stellen streichen. Wie viele Stellen davon schon geschafft sind, konnte Innogy auf Anfrage nicht sagen. Derzeit hat NPower 6400 Mitarbeiter. Später verschärften sich die politischen Rahmenbedingungen: Großbritannien hat einen Deckel beim Strompreis eingeführt, was das Geldverdienen auf der Insel schwieriger macht. Vor einem Jahr musste Innogy schon einmal eine Gewinnwarnung verschicken, die letztlich zum Rauswurf von Terium führte. Mittlerweile hat Innogy 1,2 Milliarden Euro auf NPower abgeschrieben, davon 748 Millionen in diesem Jahr. Teriums Bilanz fällt mit dem NPower-Flop im Nachhinein noch dürftiger aus.