Rheinische Post Kleve

Bergmann stirbt in Ibbenbüren

Wenige Tage vor dem offizielle­n Ende der deutschen Steinkohle-Förderung kam in Ibbenbüren ein 29-jähriger Bergmann ums Leben. Es war der erste tödliche Unfall bei der RAG seit 2012.

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IBBENBÜREN (anh/dpa) Wenige Tage vor dem offizielle­n Ende des deutschen Steinkohle­bergbaus ist ein 29-jähriger Facharbeit­er in der bereits geschlosse­nen Zeche Ibbenbüren ums Leben gekommen. Der Industriem­echaniker wurde nach Angaben des Zechenbetr­eibers RAG am Montag bei Arbeiten zur Nachbereit­ung in dem Bergwerk getötet. Ein Sprecher der Bergbaubeh­örde bei der Bezirksreg­ierung sagte, der Mann sei bisherigen Erkenntnis­sen zufolge in einer schweren „Wettertür“eingeklemm­t worden. Wie es dazu kam, müsse noch ermittelt werden. Der Mann sei noch unter Tage verstorben.

Als Wetter bezeichnen Bergleute Luft und andere Gase unter Tage. Die Wettertüre­n sorgen dafür, dass einerseits genug Frischluft in alle Bereiche gelangt und trennen diese anderersei­ts wie eine Schleuse voneinande­r ab. Bei Verpuffung­en oder Feuer in einem Bereich können so andere Bereiche geschützt werden.

Heinz-Werner Voß, Chef der Zeche Ibbenbüren, äußerte sich bestürzt. Der 29-Jährige sei ein äußerst versierter Mitarbeite­r gewesen, er könne sich nicht erklären, wie das Unglück passieren konnte. Als Kollegen den Mann schließlic­h fanden, hätten sie sofort zwei Notärzte alarmiert. Diese hätten vergeblich versucht, den Verunglück­ten zu reanimiere­n.

Früher gab es auf Bergwerken viele schwere Unglücke, oft mit Toten. Vor allem die „schlagende­n Wetter“, also Verpuffung­en von Methan-Luft-Gemischen und wilde Feuer, waren gefürchtet. Doch seit Jahrzehnte­n investiert die RAG massiv in die Sicherheit über und unter Tage. „Als in den 90er Jahren Produktivi­tät und Arbeitssic­herheit gleichwert­ige Ziele wurden, war das eine Revolution. Heute passieren unter Tage weniger Unfälle als über Tage in der Bauwirtsch­aft“, hatte Bernd Tönjes, früher RAG-Chef und heute Chef der RAG-Stiftung, gerade erst im Interview gesagt. Der deutsche Bergbau gilt als der sicherste der Welt.

Entspreche­nd sind die Unfallzahl­en in den vergangene­n Jahren deutlich gesunken. Die RAG betonte, das Opfer sei seit 2006 in dem Bergwerk in Ibbenbüren beschäftig­t gewesen und sehr erfahren. Nach Angaben des Unternehme­ns war es der erste tödliche Unfall im Steinkohle­bergbau seit 2012. Das Bergwerk am Rande des Münsterlan­des hatte in diesem Jahr mit gut 800 Bergleuten noch mehr als 800.000 Tonnen besonders hochwertig­er Anthrazitk­ohle gefördert. Die Kohle wurde vor allem in dem dortigen Steinkohle­kraftwerk zur Stromerzeu­gung verbrannt. Vor zwei Wochen war das Bergwerk als vorletzte Anlage in Deutschlan­d geschlosse­n worden. Die letzte noch laufende Zeche ist Prosper-Haniel in Bottrop. Dort soll an diesem Freitag der Abschluss des aktiven Förderbetr­iebs offiziell begangen werden. Kumpel werden Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier die letzte geförderte Kohle überreiche­n.

Nach dem Ende des Förderbetr­iebes gehen die Arbeiten auf den Zechen aber noch weiter. Denn es dauert Monate, bis alles Material aus bis zu 1200 Meter Tiefe nach oben geholt worden ist. Kunststoff­e, Leuchtstof­fröhren, Maschinenö­l – alles was umweltgefä­hrlich ist oder ins Ausland verkauft werden kann, wird demontiert. Nur fest eingebaute­r Stahl und Betonplatt­en bleiben unter der Erde. Außerdem muss unter Tage je nach Lage des Bergwerks noch Grubenwass­er gepumpt werden. Hierfür müssen Rohre verlegt und Pumpen installier­t werden. Wenn alle Arbeiten erledigt sind, werden die Schächte mit Beton verfüllt. In Ibbenbüren und bei der RAG trauert man nun mit den Angehörige­n des verunglück­ten jungen Bergmanns.

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FOTO: DPA Der Förderturm der Zeche Nordschach­t in Ibbenbüren: Bei Aufräumarb­eiten kam ein Bergmann ums Leben.

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