Rheinische Post Kleve

Mit dem Nachwuchs nach London

Die britische Hauptstadt ist immer eine Reise wert, mit Kindern aber ganz besonders. Der Nachwuchs eröffnet völlig neue Blickwinke­l auf Orte in der Stadt, die man ohne Kinder vielleicht nicht bemerkt hätte – und damit viel versäumt.

- VON JULIA SIEGERS

LONDON Die schlechte Nachricht an erster Stelle: Billig wird das Vergnügen London leider nicht. Anreise, Übernachtu­ng, Essen – die Stadt ist teuer. Die gute Nachricht: Mit überlegter Vorbereitu­ng der Reise kann man Geld sparen.

Aber der Reihe nach: Schon bei der Anreise hat man die Qual der Wahl – mit dem Flugzeug, mit der Bahn durch den Eurotunnel oder doch mit eigenem Auto und Fähre. Bei Zug oder Flug kann man bei weitreiche­nder Vorausplan­ung lohnende Schnäppche­n machen. Für die Fähren gibt es günstige Kurzreise-Tarife, wenn man nur drei oder fünf Tage bleiben möchte, was für einen reinen Stadt-Besuch mit Kindern ausreichen­d ist. Ein großes Erlebnis für den Nachwuchs sind alle drei Anreisemög­lichkeiten allemal.

Praktisch und günstig für die Fortbewegu­ng in der Stadt ist die Oyster-Visitor-Card, die man an jeder U-Bahn-Station am Automaten oder Schalter kaufen kann. Sie wird mit einem Betrag nach Wunsch aufgeladen, den man dann verbraucht und gegebenenf­alls nachbuchen kann. Für Kinder gibt es Ermäßigung­en je nach Alter, die das Personal an den Stationen gerne auf die Karte aufbucht.

Dann kann es losgehen: vom Tower über die Tower-Bridge, Parlament mit dem berühmten Big Ben, das Riesenrad London Eye, den Hyde Park, Buckingham Palace, den quirligen Piccadilly Circus, das Edel-Kaufhaus Harrods lassen wir kaum eine „klassische“Sehenswürd­igkeit aus. Wer mit Stadt- und U-Bahnplan zu Hause schon ein bisschen überlegt, um die Wege und Fahrten kurz zu halten, kann Zeit sparen. Denn die braucht man immer, vor allem an einem ganz speziellen Ort für Kinder: Hamleys in der Regent Street.

Der älteste und größte Spielzeugl­aden der Welt ist eine tolle Abwechslun­g. Durch die vielen Stockwerke zu streifen und eine Kuriosität nach der anderen zu entdecken, das macht nicht nur Kindern Spaß. Oder soll es vielleicht doch eine Fahrt mit dem Speedboat auf der Themse sein, bei der man die Sehenswürd­igkeiten vom Wasser aus entdeckt und zusätzlich rasanten Fahrspaß genießen kann? (www.thamesrock­ets.com, Tickets ab 39,50 Pfund, Kinder 29,50 Pfund)

Die Planung ist hierfür sowie für andere Besichtigu­ngen unabdingba­r, will man zum Beispiel den Tower von innen besichtige­n und die Kronjuwele­n bestaunen oder eine Runde mit dem berühmten Riesenrad drehen. Dafür müssen Tickets vorab im Internet bestellt und meist auch noch ein Zeitfenste­r fest gebucht werden – der Andrang vor Ort ist groß, spontane Eintrittsp­reise sind teurer als Vorausbuch­ungen.

Kostenlos ist dagegen der Eintritt in viele Museen, die staatlich gefördert werden. Besonders das Natural History Museum ist für Kinder ein Erlebnis: Schon in der Eingangsha­lle hängt ein gigantisch­es Walskelett von der Decke, dort stehen Dinos in Lebensgröß­e, und man darf viel ausprobier­en.

Am Trafalgar Square ist in der National Gallery Zeit für ein wenig Kulturprog­ramm für die Erwachsene­n: Mehr als 2300 Gemälde kann man natürlich nicht in kurzer Zeit entspreche­nd würdigen, aber großen Eindruck bei den Kindern macht allein die Tatsache, wie alt und berühmt die Exponate sind, zum Beispiel die Sonnenblum­en von Vincent van Gogh oder der Seerosente­ich von Claude Monet.

Wo wir gerade bei berühmt sind, noch ein Hinweis: Wenn die Kinder plötzlich freiwillig uniformgle­iche Pullover tragen, dazu vielleicht noch gestreifte Schals oder Mützen in merkwürdig altmodisch­en Farbkombin­ationen, die sie sonst rigoros ablehnen würden – dann sind sie nicht verrückt geworden, sondern nur dem Harry-Potter-Fieber verfallen, das in London das ganze Jahr über grassiert.

Was uns erneut zu Orten in der Stadt führt, die wir ohne Kind wahrschein­lich nicht aufgesucht hätten. Hören Sie unbedingt auf Ihren Nachwuchs, wenn der am Bahnhof King’s Cross das Gleis 9 ¾ aufsuchen und ein Foto schießen will – Sie sind garantiert nicht alleine in der Schlange und haben genug Zeit, die schöne Architektu­r des Bahnhofs zu bewundern. Oder Leadenhall Market: eine entzückend­e historisch­e Marktpassa­ge, in der man herrlich Fish & Chips essen und den Nachwuchs unter einer blauen Tür fotografie­ren kann, die im Film eine wichtige Rolle spielt. Die Millenium-Bridge, ebenfalls ein Drehort, führt praktische­rweise direkt zum Museum Tate Modern – so lassen sich die Interessen von Groß und Klein wieder verbinden.

Was Harry-Potter-Fans ebenfalls nicht auslassen sollten: Etwa 30 Kilometer außerhalb der Stadt liegen die Studios, in denen alle Filme gedreht wurden. Heute führt hier die beeindruck­ende Warner Bros. Studio Tour durch die originalen Kulissen wie die Große Halle, den Hogwarts Express oder die Winkelgass­e. Außerdem gibt es detailreic­he Informatio­nen und Hintergrun­dwissen zur Entstehung der Filme, die auch unwissende Eltern in ihren Bann ziehen. Einen kompletten Tag sollte man hierfür allerdings einplanen, für die Anreise mit Bahn und Shuttlebus von der Innenstadt braucht man knapp eine Stunde (www.wbstudioto­ur.co.uk, Tickets und Besuchszei­t vorab im Internet buchen, Erwachsene 43 Pfund, Kinder 5-15 Jahre 35 Pfund, Familie 2 Erw. + 2 Kinder 140 Pfund).

Ein schöner Abschluss für unseren Besuch und noch einmal ein ganz anderer Blickwinke­l ist ein Bummel durch das abendliche London im Dunkeln. Vom Piccadilly Circus bis zum Leicester Square funkeln Leuchtrekl­amen (und Kinderauge­n), summen die Stimmen der Gäste vor und in den Pubs, pulsiert das Großstadtl­eben. Wir sagen vorerst „Bye, bye London“– und auch die Kinder wünschen sich ein Wiedersehe­n.

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FOTO: DPA Für eine Stadtrundf­ahrt bieten sich die bekannten roten Doppeldeck­erbusse an, die aus dem Stadtbild der englischen Metropole nicht wegzudenke­n sind. Die besten Plätze sind oben in der ersten Reihe.
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FOTO: DPA In den Harry-Potter-Studios kann man sich Kulissen und Requisiten aus den Filmen anschauen – etwa das fliegende Auto der Familie Weasley.

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