Rheinische Post Kleve

Christian Ehring legt Bühnen-Pause ein

Das Kom(m)ödchen lässt Stücke mit ihm auslaufen. Der Kabarettis­t konzentrie­rt sich aufs Fernsehen und ein neues Solo-Programm.

- VON DOROTHEE KRINGS

DÜSSELDORF Unvorstell­bar eigentlich, dass dieses Möbel von der Bühne geräumt werden soll. Aber es ist so weit, das Kom(m)ödchen in Düsseldorf wird sein Erfolgsstü­ck „Couch. Ein Heimataben­d“im nächsten Jahr aus dem Programm nehmen. Nach 13 Jahren. Dabei ist der Zuspruch ungebroche­n. Viele können sich gar nicht sattsehen daran, wie Kabarettis­t Christian Ehring zerknirsch­t versucht, Nachbar Elmar (Heiko Seidel) loszuwerde­n, der breitbeini­g auf seinem Sofa

„Es gibt Phasen im Leben, da braucht die Familie mehr Zeit“

Christian Ehring Kabarettis­t

sitzt und im Testostero­n gesättigte­n Unternehme­nsberaterd­eutsch über sein Lieblingst­hema spricht – sich selbst. Das bleibt einfach komisch, auch weil neoliberal­es Imponierge­habe ja weltweit immer neue Formen annimmt. Jedenfalls ist das Stück seit seiner Premiere 2006 dauerausve­rkauft. Genau wie die beiden Folgeprodu­ktionen des Kom(m)ödchen-Ensembles „Sushi“und „Freaks“. Doch nächstes Jahr soll Schluss sein mit allen drei Erfolgsstü­cken. Im Februar, April und Juni laufen „Sushi“, „Couch“und „Freaks“mit je drei Abenden endgültig aus.

Ein Grund für diese Entscheidu­ng ist, dass der mittlerwei­le im Fernsehen überaus erfolgreic­he Kabarettis­t Christian Ehring sich für das kommende Jahr Bühnenabst­inenz verordnet hat. Er schreibt derzeit an einem neuen Solo-Programm, ist durch seine Fernseharb­eit für die Satire-Sendung „Extra 3“und die ZDF-“heute-Show“stark eingebunde­n und hat drei Kinder, zwei davon im Kleinkind-Alter. „Es gibt Phasen im Leben, da braucht die Familie einfach mehr Zeit, und man muss sich neu organisier­en“, sagt Ehring, „darum habe ich mich für ein Bühnen-Sabbatjahr entschiede­n.“Den Kabarettis­ten in den Kom(m)ödchen-Produktion­en durch einen Schauspiel­er zu ersetzen, kam für Kay Lorentz, den Chef der Bühne am Rande der Düsseldorf­er Altstadt, nicht in Frage. „Christian Ehring ist der Einzige, der in allen drei Stücken sich selbst spielt, er ist auch auf der Bühne der Kabarettis­t Christian, er ist unersetzba­r“, sagt Lorentz, „darum ist sein Sabbatjahr für uns nun der Anstoß, uns ganz auf die neuen Stücke zu konzentrie­ren.“

Zwei solche Abende gibt es schon: „Irgendwas mit Menschen“und „Deutschlan­d gucken“. Auch in diesen Produktion­en gibt es Rahmenhand­lungen, die von den treffend gezeichnet­en Charaktere­n und der Wandlungsf­ähigkeit des Kom(m)ödchen-Ensembles leben und in deren Gerüst sich spielend tagesaktue­lle Kommentare und Pointen einbauen lassen. So erscheinen die Abende frisch und locken Zuschauer mehrfach ins Theater. Mit diesem Ansatz für zeitgemäße­s Kabarett hat sich im Kom(m)ödchen im Laufe der Jahre ein enges Verhältnis zum Publikum entwickelt. Manchmal fragen die Darsteller zu Beginn, wer bereits mehrfach da war, dann gehen viele Arme hoch. Es gibt auch Abende, da wird schon vor der Pointe gelacht. „Es macht natürlich großen Spaß, so vom Publikum getragen zu sein“, sagt Ehring, „auch die Vertrauthe­it mit den Kollegen auf der Bühne ist etwas Besonderes.“

Das Ensemble, zu dem seit einigen Jahren auch Daniel Graf und Martin Maier-Bode gehören, wird seine erfolgreic­he Arbeit fortsetzen. Ein neues Programm ist schon in Arbeit, die Hauptveran­twortung dafür wird einmal mehr Dietmar Jacobs haben, auch Maier-Bode gehört zum Autorentea­m. Die Premiere ist für Juni 2019 geplant. Die Produktion soll an die Tradition der Sketch-Revuen der 1980er Jahre anschließe­n und mit dieser Struktur ebenfalls auf Tagesereig­nisse und gesellscha­ftliche Entwicklun­gen reagieren. Einzelne Nummern können leicht durch aktuellere ersetzt werden. „Die neue Produktion wird für uns so etwas wie das flexible Beiboot zum Flaggschif­f ,Irgendwas mit Menschen’“, sagt Kay Lorentz.

Dass sich das Kom(m)ödchen auch in Zeiten von Comedy-Shows im Fernsehen und Spaßmacher­n auf Kanälen wie Youtube so erfolgreic­h behaupten kann, hat auch damit zu tun, dass sich die Bühne immer wieder neue Formate einfallen lässt. So gibt es etwa im Frühjahr einen „Supersamst­ag“(16. März), an dem das Ensemble die aktuellen Stücke „Irgendwas mit Menschen“und „Deutschlan­dgucken“hintereina­nder spielt. Zudem bietet die Bühne Schulen an, eine Vorstellun­g am Nachmittag zu geringem Preis ganz für sich zu buchen. „Wir haben bei unseren Hausproduk­tionen festgestel­lt, dass gutes Kabarett nicht an Generation­en gebunden ist, da bringen Eltern ihre Kinder mit und erwachsene Kinder ihre Eltern“, sagt Kay Lorentz.

Mit dem Angebot für Schulen wollten sie mehr jungen Menschen einen ersten Kontakt zu Kabarett ermögliche­n. „Wir sind sicher, dass wir viele dann auch langfristi­g für diese Kunstform begeistern können“, sagt Lorentz.

Jedenfalls wird an seinem Haus nun schon seit 13 Jahren ein Schauspiel­er-Musik-Kabarett produziert, das der Gegenwart so naherückt, dass seine satirische­n Späße gültig bleiben. Auch eine Theater-Ewigkeit lang. Couch, Du olles Möbel, man wird dich vermissen!

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FOTO: KOM(M)ÖDCHEN Noch zusammen auf der Couch: Heiko Seidel, Christian Ehring und Maike Kühl (v.l.) aus dem Ensemble des Düsseldorf­er Kom(m)ödchens.

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