Rheinische Post Kleve

Experte für superklein­e Teilchen

Sebastian Hardt macht Nano-Partikel und baut die Maschinen, in denen sie hergestell­t werden. Er erklärt, was es mit „Nano“auf sich hat und was diese kleinen Teilchen so besonders macht. Gleich doppelter Preisträge­r.

- VON SINA ZEHRFELD

KREIS KLEVE Nano-Materialie­n stecken in Batterien für Elektroaut­os, in Wandfarbe und Sonnencrem­e. Sie werden gebraucht in der Medizintec­hnik und in der Lebensmitt­elprodukti­on. Und Nano-Partikel sind vor allem eines: klein. Sebastian Hardt aus Winnekendo­nk entwickelt solche Stoffe und Maschinen, die sie herstellen. Dafür hat er gerade den Kevelaerer Marketingp­reis sowie den Gründerpre­is Kreis Kleve bekommen. Und deshalb kann er auch erklären, was es mit „Nano“auf sich hat.

Er nutzt dazu das Beispiel eines Apfels. Lässt man einen geschälten Apfel liegen, ist er nach einer Weile gebräunt. Die Oberfläche hat mit dem Sauerstoff in der Luft reagiert. Schneidet man den Apfel nun in kleine Scheibchen, wird er an allen Schnittflä­chen braun. Mit der selben Menge Material – ein Apfel – hat man sehr viel mehr Oberfläche geschaffen, die mit der Umwelt reagieren kann. „Das ist der Trick bei Nano“, sagt Sebastian Hardt: „Bei gleicher Masse eine viel größere Oberfläche zu erzeugen.“Der Effekt: „Man kann bei einigen Produkten mit einer viel geringeren Menge Material so viel bewirken wie sonst mit einer größeren.“

Es spart Rohstoff, dadurch auch Energie. Und natürlich haben die Partikel spezielle Eigenschaf­ten, weil sie unfassbar klein sind: Sie können beispielsw­eise unsichtbar auf Oberfläche­n sitzen. Sie passen überall rein und durch, sind leicht und vieles mehr.

Sebastian Hardt hat eine eigene Maschine zur Herstellun­g von Nano-Partikeln entwickelt. Seine Firma HSW Materials in Winnekendo­nk verkauft nun sowohl Nano-Produkte als auch die Geräte.

Die Entwicklun­g seiner speziellen Verfahrens­technik begann Sebastian Hardt während seiner Zeit als wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r an der Universitä­t Duisburg-Essen, wo er promoviert hat. Die so genannte „Sprayflamm­en-Synthesete­chnologie“, auf der das Ganze fußt, gab es schon lange, aber an der Uni Duisburg leistete er damit Pionierarb­eit: „Da war ich so der erste, der daran gearbeitet hat.“Es gab im Uni-Labor nur eine mäßig geeignete Anlage. „Die hab’ ich immer weiter modifizier­t und schlussend­lich eine eigene gebaut.“

Bei dem Verfahren werden – grob und laienhaft beschriebe­n – unterschie­dliche Ausgangsst­offe bei großer Hitze zerstäubt. Die Moleküle dieser Stoffe gehen neue Verbindung­en miteinande­r ein – das heißt, sie „reagieren“miteinande­r – und werden zu Nano-Partikeln, die anschließe­nd aufgefange­n werden. Das sei das Prinzip, sagt Hardt: „Wir machen was heiß, und das reagiert dann.“

Seine Kunden kommen vornehmlic­h aus der Chemieindu­strie und aus der Forschung. Die Produkte, die HSW Materials herstellt, richten sich nach ihrem besonderen Bedarf: „Spezielle Nano-Partikel, die ganz besondere Eigenschaf­ten haben, aber nicht in so großen Mengen benötigt werden“, erzählt Sebastian Hardt. „Wir machen beispielsw­eise Materialie­n für die Abwasserkl­ärung.“Nano-Partikel von HSW Materials binden in den Becken von Klärwerken Chemikalie­n, die aus Spülmaschi­nentabs stammen.

Seine Maschinen verkauft er den Firmen mit jeweils passenden Modifikati­onen, die für ihre speziellen Zwecke sinnvoll sind. Will ein Unternehme­n beispielsw­eise aus bestimmten Komponente­n Metall-Oxide produziere­n, „dann sagen wir, wie wir da hinkommen“, erklärt Hardt. Etwa, welche Temperatur­en für diese spezielle Reaktion nötig sind, ob gegebenenf­alls hier eine besondere Düse nötig ist oder dort eine Extra-Kühlung. Oder auch, ob andere Ausgangsst­offe sinnvoll wären. „Das ist sehr trocken, sehr viel Theorie, macht mir aber Spaß“, sagt er.

Zusätzlich berät seine Firma auch Unternehme­n, die schon eigene Maschinen haben, darüber, wie diese für ihre Zwecke umgebaut werden müssten.

Kunden hat seine Firma deutschlan­dweit, aber auch im Ausland – eine enge Verbindung gibt es zum Beispiel bis hin nach Südkorea.

Auch wenn er sich für sehr für „Nano“begeistert: Sebastian Hardt weiß, dass sein Fachgebiet kritisch betrachtet wird. Denn die Nano-Materialie­n behalten ihre besonderen Eigenschaf­ten, wenn sie in die Umwelt gelangen. Sie „reagieren“auch in der Natur, gelangen in den menschlich­en Körper. „Es ist wichtig, dass man sich darüber Gedanken macht“, sagt Hardt. Aber das sei den Forschern und Unternehme­rn, die damit arbeiten, auch klar, sagt er unserer Redaktion.

Und nicht zuletzt sei „Nano“keine Erfindung der Menschen, das gebe es nämlich auch durch natürliche Vorgänge: „Wenn ich ein Lagerfeuer mache, produziere ich Nanopartik­el.“

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RP-FOTO: ZEHRFELD Sebastian Hardt mit seiner Mitarbeite­rin Elnaz Asgharieh im Labor an der Universitä­t Duisburg-Essen an einer Anlage, die er entworfen hat.

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